Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfe für einzelne Verrichtungen im Haushalt. Bestehen einer vorübergehenden Notlage
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) schließt in vollem Umfang Aufstockungsleistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, damit auch des § 27 SGB XII, aus.
2. Zur Gleichbehandlung von Sozialhilfeempfängern mit Empfängern von Arbeitslosengeld II kommen statt § 28 Abs. 1 S. 1 SGB XII die Regelung der §§ 61 ff. SGB XII zur Anwendung, da diese weder durch § 21 S. 1 SGB XII noch durch § 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen werden.
3. Die Vorschrift des § 70 Abs. 1 S. 1 SGB XII ist auch auf Bezieher von Arbeitslosengeld II dem Grunde nach anwendbar. Zudem ist die Norm auch auf einzelne Verrichtungen anwendbar. Die Regelung kommt daher nicht nur zur Anwendung, wenn es um Hilfen geht, die den gesamten Haushalt betreffen.
4. Erforderlich für die Anwendung des § 70 SGB XII ist zum einen, dass alle Haushaltsangehörigen zusammen nicht in der Lage sind, den Haushalt weiter zu führen. Zum anderen muss eine vorübergehende Notlage bestehen. Von vorübergehender Hilfe kann dann nicht mehr die Rede sein, wenn ein Notstand eintritt, der längere Zeiträume umfasst oder sich gar über Jahre hinzieht. Nicht mehr vorübergehend ist deshalb ein Zeitraum bis zum Heranwachsen von Kindern.
5. Die Vorschrift des § 73 SGB XII stellt keine generelle Auffangnorm für sämtliche Hilfearten dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe ab dem 01.01.2005.
Die Klägerin ist Mutter von elf Kindern. Sie führt einen gemeinsamen Haushalt mit ihren Kindern T1 (geb. 1987), Q1 (geb. 1989), T2 (geb. 1991), T3 (geb. 1995), K1-Q2 (geb. 1996), T4-K2 (geb. 1998), M1 (geb. 1999), D (geb. 2000), F (geb. 2002) und M2 (geb. 2004). Ihre älteste Tochter K3 war im Jahr 2005 bereits ausgezogen. Nach den Angaben der Klägerin ist Q1 ca. im Oktober/November 2008 ausgezogen, T1 lebt seit ca. Februar 2009 nicht mehr bei seiner Mutter und seinen Geschwistern.
Die Klägerin bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt sie auch eine Hilfe zur Durchführung einzelner hauswirtschaftlicher Verrichtungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 11 Abs. 3 BSHG. Seit dem 01.01.2005 bezieht sie laufend Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Mit Schreiben vom 27.12.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe, wie sie sie bisher auch gehabt habe.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2005 ab. Nach einem Gutachten des Kreisgesundheitsamtes vom 01.03.2005 könne der Klägerin eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit leichten und mittleren körperlichen Arbeiten zugemutet werden. Damit gehöre die Klägerin zu dem Personenkreis, der nach dem SGB II leistungsberechtigt sei. Die Hilfe im Haushalt nach § 27 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) könne Empfängern von Leistungen nach dem SGB II nicht gewährt werden. Eine Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes nach § 70 SGB XII komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin sei in der Lage, den Haushalt zu führen und ihre Kinder zur altersgerechten Mitarbeit im Haushalt anzuleiten. Eine Leistung der Hilfe zur Pflege im häuslichen Bereich nach §§ 61 ff. SGB XII komme schließlich auch nicht in Betracht. Eine Pflegebedürftigkeit der Klägerin sei nicht gegeben.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 07.04.2005 Widerspruch. Sie könne den großen Haushalt nicht allein führen. Sie sei alleinerziehend und benötige die Unterstützung einer Haushaltshilfe. Hilfe von ihren größeren Kindern sei nicht zu erwarten, da diese bis ca. 17.00 Uhr in der Schule seien.
Der Rhein-Kreis-Neuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2005 - der Klägerin zugestellt am 05.10.2005 - zurück. Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB XII könnten der Klägerin nicht gewährt werden, da bei ihr keine volle Erwerbsminderung vorliege. Die Klägerin gehöre zum Personenkreis des § 7 SGB II und erhalte seit dem 01.01.2005 auch Leistungen nach dem SGB II. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 SGB XII seien gleichfalls nicht erfüllt. Da die Klägerin nach dem Gutachten des Kreisgesundheitsamtes vom 01.03.2005 erwerbsfähig sei, sei davon auszugehen, dass sie auch in der Lage sei, den Haushalt selbst zu führen. Hierbei könne auch eine dem Alter angemessene Mitarbeit von ihren Kindern erwartet werden, insbesondere von den derzeit 16 bzw. 18 Jahre alten Söhnen Q1 und T1. Die beantragte Hilfe sei auch nach §§ 61 ff. SGB XII abzulehnen, da bei der Klägerin keine Pflegebedürftigkeit bestehe.
Dagegen hat die Klägerin am Montag, den 07.11.2005 Klage erhoben. Der Anspruch nach § 27 A...