Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. MKG-Chirurg. Zulassung nur für Oralchirurgie. Anwendbarkeit der Degressionsregelung mit reduzierter Degressionsfreimenge für Allgemeinzahnärzte
Orientierungssatz
An der Anwendbarkeit der Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b SGB 5 mit der ab 1.1.2005 für Allgemeinzahnärzte reduzierten Degressionsfreimenge ändert der Umstand, dass auf eigenen Antrag eines MKG-Chirurgen die Zulassung nur für den Bereich der Oralchirurgie erteilt wurde, nichts.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Honorarabzugs aufgrund Punktmengenüberschreitung für das Quartal III/2005.
Der Kläger ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und in L niedergelassen. Auf seinen Antrag ließ ihn der Zulassungsausschuss-Zahnärzte für den Bezirk Nordrhein mit bestandskräftigem Beschluss vom 21.03.2005 zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit für den Bereich Oralchirurgie mit Wirkung vom 01.04.2005 zu. Demzufolge könnten prothetische Leistungen ausschließlich
1. als Interimsversorgung im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen
2. als Defektprothetik bei Tumorerkrankungen und Unfallfolgen, und
3. als Leistungen im Rahmen der Ausnahmeindikationen nach § 28 Abs. 2 SGB V
erbracht werden.
Auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 b-e Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung verfügte die Beklagte in der Quartalsabrechnung III/2005 vom 18.01.2005 einen Honorarabzug in Höhe von 7.633,30 EUR wegen Punktmengenüberschreitung, wobei sie ihrer Berechnung eine degressionsfreie Punktmenge von 272.344 Punkten zugrunde legte. Bei einer abgerechneten Gesamtpunktzahl von 317.045 Punkten ergab sich eine Überschreitung von 44.701 Punkten, die unter Anwendung eines Abzugsprozentsatzes von 9,57 % zu dem Honorarabzug führte.
Einen hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Vorstand der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2006 zurück: In den Quartalen I-III/2005 habe der Kläger keine prothetischen Leistungen abgerechnet. Bei der Ermittlung der jeweiligen degressionsfreien Gesamtpunktmenge sei die Beklagte an die Maßgaben des § 85 Abs. 4b SGB V gebunden. Diese Regelung enthalte die Staffelung der degressionsfreien Gesamtpunktmengen für die gesamte Gruppe der Vertragszahnärzte. Dabei würden einzelne Gruppen von Vertragszahnärzten nicht differenziert betrachtet. Lediglich für die Gruppe der Kieferorthopäden enthalte § 85 Abs. 4b SGB V eine anderslautende Regelung. Eine Differenzierung für Vertragszahnärzte mit der Fachgebietsbezeichnung "Oralchirurgie" sowie einer auf dieses Fachgebiet beschränkten Zulassung, die die prothetische Leistungserbringung bis auf wenige Fallgruppen ausschließe, sehe § 85 Abs. 4b SGB V nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 06.03.2006 erhobene Klage.
Der Kläger macht die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Grundrechts auf freie Berufsausübung geltend. Die Absenkung der Degressionsgrenzen ab dem 01.01.2005 bei Zahnärzten auf 262.500 Punkte sei ausweislich der Gesetzesbegründung eine notwendige Folge der Umstellung auf befundbezogene Festzuschüsse zum Zahnersatz, die dann nicht mehr Bestandteil der Gesamtvergütung seien und somit auch nicht mehr der Degression unterlägen. Die Absenkung der Degressionsgrenze bei Kieferorthopäden auf 280.000 Punkte sei eine Folgeregelung der Punktzahlreduzierung für kieferorthopädische Leistungen durch den Bewertungsausschuss im BEMA-Z. Eine weitere Absenkung wie bei Zahnärzten werde nicht vorgenommen, da der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass von diesen grundsätzlich keine prothetischen Leistungen erbracht würden. Demgegenüber sei der als "Zahnarzt-Oralchirurg" zugelassene Zahnarzt von beiden Änderungen nicht betroffen, da er weder kieferorthopädische Leistungen noch Zahnersatz erbringe. Für ihn müsse die alte Degressionsgrenze von 350.000 Punkten erhalten bleiben, weil es in dieser Konstellation keine Begründung für die Herabsetzung der Degression gebe.
Im zahnärztlichen Weiterbildungsrecht seien nach §§ 9 ff. der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein (WBO) die Gebietsbezeichnungen "Kieferorthopädie", "Oralchirurgie" und "öffentliches Gesundheitswesen" geregelt. Nach § 18 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV) müsse in dem Antrag angegeben werden, ggf. unter welcher Gebietsbezeichnung die Zulassung beantragt werde. Der Kläger habe von diesem Recht Gebrauch gemacht und sei unter der Gebietsbezeichnung "Zahnarzt-Oralchirurg" niedergelassen. Damit sei er an den Leistungsumfang im Sinne des § 11 Abs. 3 WBO gebunden. Würde er daher eine Abrechnung bei der Beklagten darüber hinaus z.B. in der Prothetik einreichen, so werde die Beklagte von ihrer Zahlungspflicht für diese Leistungen frei. Davon abgesehen habe er persönlich keinerlei prothetische Leistungen erbracht und abgerechnet. Im Übrigen dürfe der Vertragszahnarzt gemäß § 24 Abs. 3 Zahnärzte-ZV das Fachgebiet, für das er zugelass...