Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.10.2011; Aktenzeichen B 6 KA 35/10 R)

 

Tenor

Unter Abänderung der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide vom 23.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 bezüglich der getroffenen Kostengrundentscheidung wird die Beklagte verurteilt, die Gebühren und Auslagen des Vorverfahrens des Bevollmächtigten in Höhe von 50 % zu erstatten. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung von Kosten im Vorverfahren.

Der Kläger war in den Quartalen II/1999 bis IV/2002 als Zahnarzt in E1 niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er stand in Geschäftsbeziehung zur Fa. H/P.E2.P E2 GmbH, von der er zahntechnische Leistungen bezog. In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft X - 80 Js 429/03 - wurde dem Anfangsverdacht nachgegangen, er habe von dem Unternehmen Rückzahlungen (sog. "Kick-back") erhalten, die er nicht an die gesetzlichen Krankenkassen weitergeleitet habe.

Mit zwei Bescheiden vom 23.09.2002 hob die Beklagte unter Hinweis auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren die dem Kläger für die Quartale II/1999 bis einschließlich III/2002 sowie III/2002 und IV/2002 erteilten Honorarbescheide teilweise in Höhe von vorläufig insgesamt 261.575,36 EUR und 8.232,24 EUR auf und forderte die zu Unrecht ausgezahlte Vergütung bzw. die zu Unrecht erstatteten Kosten zurück. Entgegen § 11 Abs. 2 des Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Z= und gesamtvertraglichen Regelungen im Primärkassenbereich sei nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen und den der Beklagten vorliegenden Unterlagen davon auszugehen, dass der Kläger die von der Fa. H gewährten Zahlungen nicht an die Patienten und Krankenkassen weitergeleitet habe, so dass die von ihm für diese Zeiträume eingereichten Abrechnungen sachlich-rechnerisch falsch gewesen seien.

Hiergegen anwaltlich eingelegten Widersprüchen vom 28.10.2003 gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 in Höhe von 137.046,50 EUR statt, in Höhe von 132.761,10 EUR nicht statt. Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten wurden nicht erstattet.

Aufgrund des anhängigen Strafverfahrens sei die Beklagte zur Sicherstellung des Schadensbetrages gegenüber den Krankenkassen verpflichtet gewesen. Die Honorarbescheide seien in Höhe von 269.807,60 EUR nur vorläufig aufgehoben worden, da nach den Erfahrungswerten der Beklagten noch private Leistungen in der zurückgeforderten Summe hätten enthalten sein können. Unter Berücksichtigung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft X - 80 Js 429/03 - und dem Urteil des Landgerichts E1 (vom 30.08.2005) - 34 Kls 80 Js 429/03 - sei anhand der beschlagnahmten Abrechnungsunterlagen des Klägers und unter Mithilfe der betroffenen Krankenkassen ein Schaden in Höhe von 132.761,10 EUR für die Krankenkassen und die gesetzlich versicherten Patienten für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ermittelt worden. Dieser Betrag sei an die Krankenkassen und die Patienten zurückzuzahlen.

Bei der teilweisen Stattgabe des Widerspruchs werde die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes für notwendig erklärt, es würden aber keine Kosten erstattet.

Rein förmlich liege zwar eine teilweise Abhilfe vor. Der Widerspruch sei jedoch nicht kausal hierfür gewesen. Die Beklagte habe bei den Verfahren um die Kickbackzahlungen in den Ausgangsbescheiden vorläufig die pauschal in der Ermittlungsakte als Höchstschaden benannten Beträge zurückgefordert. Die Beklagte hafte gegenüber den Krankenkassen, wenn ein Vertragszahnarzt bei Erfüllung der vertragszahnärztlichen Pflichten die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt außer acht lasse und der KZV ein Rückgriff gegen den Zahnarzt durch Aufrechnung gegen die Honorarforderungen möglich sei. Daher sei der vorläufige Schadensbetrag bei dem Zahnarzt sicherzustellen gewesen.

Der Beklagten sei es nicht möglich, anhand der vorliegenden Abrechnungsdaten den pauschalen Schaden auf die tatsächlich mit der Beklagten abgerechneten Fälle einzugrenzen. Zusammen mit den betroffenen Krankenkassen und dem Zahnarzt werde daher eine einzelfallbezogene Schadenstabelle erstellt. Nach der nachvollziehbaren Darlegung der Kassen- und Patientenanteile werde der übersicherte Betrag für die Privatpatienten an den Zahnarzt freigegeben, da die Beklagte insoweit nicht für die Schadensrückabwicklung zuständig sei. Nach dem Abgleich mit dem Zahnarzt und den Krankenkassen werde der vorläufige Ausgangsbescheid endgültig auf den ermittelten Gesamtschaden festgesetzt. Dies geschehe unabhängig davon, ob der Zahnarzt Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt habe oder nicht.

Nicht der Widerspruch, sondern die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren, nach denen der Schadensbetrag eingegrenzt worden sei, hätten zur teilweisen Aufhebung des Widerspruchs geführt.

Der Widerspruch sei bereits mit Schreiben vom 27.10.2003 bei der Beklagten eingelegt worden. Hätte der Widerspruchsausschuss zum damaligen Zeitpunkt über den Widerspruch entschieden, hätte der Widerspruch im...

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