Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Feststellung der Arbeitsunfähigkeit während des Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Urlaubsabgeltung. Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes mit Krankengeldanspruch. planwidrige Gesetzeslücke
Orientierungssatz
1. Sofern eine Beschäftigung mit einem Anspruch auf Urlaubsabgeltung endet und der inzwischen Arbeitslose während der Dauer der Urlaubsabgeltung, in der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, erkrankt, besteht die Möglichkeit, den Krankenversicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld in analoger Anwendung des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5 geltend zu machen.
2. Mit der Änderung des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5 zum 1.1.2002 durch das Gesetz zu Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente - Job-AQTIV-Gesetz - vom 10.12.2001, mit der die Versicherungspflicht auch unter Berücksichtigung eines Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs wegen einer Urlaubsabgeltung geregelt worden ist, wollte der Gesetzgeber das sozialpolitisch unbefriedigende Ergebnis vermeiden, dass Betroffene sich selber gegen das Risiko der Krankheit versichern und hierfür Beiträge entrichten müssen, wenn während des Ruhenszeitraums nach § 143 SGB 3 eine Arbeitsunfähigkeit eintritt und kein Krankenversicherungsschutz kraft Gesetzes mit Anspruch auf Krankengeld besteht. Mit dieser Neuregelung beabsichtigte der Gesetzgeber die Beseitigung von Lücken im Versicherungsschutz versicherungspflichtiger Mitglieder, die nicht durch § 19 Abs 2 SGB 5 abgedeckt sind (vgl BSG vom 26.06.2007 = B 1 KR 19/06 R).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 21.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2005 Krankengeld über den 14.09.2004 hinaus bis zum 24.04.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen. Der Beklagten werden die außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Krankengeld für den Zeitraum vom 15.09.2004 bis zum 24.04.2005.
Der 1967 geborene Kläger war 2004 zuletzt als Lagerarbeiter beschäftigt. Die Beschäftigung endete am 14.08.2004 mit einem Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 15. bis zum 25.08.2004. Zum 15.08.2004 meldete er sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos. Am 16.08.2004 suchte er wegen starker Rückenbeschwerden den Arzt für Allgemeinmedizin L auf. L stellte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und weiterhin Folgebescheinigungen aus. Am 15.09.2004 erfolgte die Durchführung einer Bandscheibenoperation.
Arbeitslosengeld erhielt der Kläger auf seine Meldung zum 15.08.2004 nicht, da dieser Anspruch wegen der erhaltenen Urlaubsabgeltung im Zeitraum vom 15. bis zum 25.08.2004 ruhe und anschließend nicht, da der Kläger dem Arbeitsmarkt wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht zur Verfügung stehe (Bescheid der Agentur für Arbeit N vom 11.10.2004, Widerspruchsbescheid vom 20.10.2004).
Mit Bescheid vom 21.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2005 bewilligte die Beklagte Krankengeld begrenzt auf den Zeitraum vom 17.08.2004 bis zum 14.09.2004. Die Zahlung von Krankengeld über den 14.09.2004 hinaus lehnte sie ab, da in dieser Zeit keine Pflichtversicherung mit Krankengeldanspruch bestehe. So wäre es zu keiner Begründung einer Pflichtversicherung gekommen, da einerseits dem Kläger kein über das Beschäftigungsende am 14.08.2004 hinausgehender Krankengeldanspruch zustehe und andererseits mangels Zahlung von Arbeitslosengeld keine Pflichtversicherung bestehe.
Im Zeitraum vom 15.08.2004 bis zum 31.12.2004 war der Kläger dann freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Dieser Versicherungsschutz bestand ohne Anspruch auf Krankengeld (§ 20 Abs. 2 der Satzung der Beklagten) und mit der Pflicht zur Beitragszahlung. Ab dem 01.01.2005 bestand mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft (ohne Krankengeldanspruch). Bis zum 24.04.2005 war der Kläger arbeitsunfähig geschrieben. In der Zeit vom 25.04.2005 bis zum 30.06.2005 erhielt er Arbeitslosengeld, bevor er am 01.07.2005 erneut ein Beschäftigungsverhältnis aufnahm. Gegen die Bescheide der Beklagten hat der Kläger Klage erhoben, mit der er eine Krankengeldzahlung über den 14.09.2004 hinaus bis zum 24.04.2005 geltend macht. Es könne nicht sein, dass er letztendlich nur wegen der Zahlung einer Urlaubsabgeltung den Krankenversicherungsschutz mit Krankengeldanspruch verloren haben soll, obwohl von der Urlaubsabgeltung zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Darüber hinaus hätten die Rückenschmerzen und eine hieraus resultierende Arbeitsunfähigkeit bereits zum Beschäftigungsende am 14.09.2004 bestanden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 21.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2005 Krankengeld über den 14.09.2004 hinaus bis zum 24.04.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie häl...