Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsbetrag als Einkommen § 11 SGB II (juris: SGB 2). Abtretungspflicht nach Insolvenzordnung. Berücksichtigung beim Bezug von Grundsicherungsleistungen
Orientierungssatz
1. Fließt ein Erbschaftsbetrag während des laufenden Bezugs von Grundsicherung zu, so handelt es sich um Einkommen.
2. Von der hälftigen Abtretungspflicht nach § 287 InsO werden zufließendes Vermögen aus Schenkung, Lotteriegewinn oder von Todes wegen nicht erfasst.
3. Wird die Hälfte des Erbschaftsbetrages aus einer Obliegenheitsverpflichtung heraus an einen Treuhänder weitergeleitet, ist dies als private Schuldentilgung zu werten.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) im Zeitraum August 2011 bis Januar 2012.
Die Klägerin zu 1.), ihre beiden Kinder, S geb. 00.00.2066, sowie M-H, geb. 00.00.2008, und der Kläger zu 2.) bezogen laufend Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt mit Bescheid vom 24.08.2011 für den Zeitraum 01.03. bis 31.07.2011 in Höhe von monatlich 1.389,00 Euro.
Über das Vermögen der Klägerin zu 1.) ist seit mehr als 4 Jahren in ein Insolvenzverfahren eröffnet. Im o.g. Zeitraum befand sich die Klägerin zu 1.) in der sog. Wohlverhaltensphase. Sie erhielt am 15.07.2011 eine Erbschaft in Höhe von 15.286,34 Euro. Die Hälfte des Betrages in Höhe von 7.643,17 Euro überwies sie unmittelbar an den Treuhänder über das Insolvenzverfahren N C.
Den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 04.07.2011 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12.08.2011 ab. Zur Begründung war ausgeführt, dass die Erbschaft als Einkommen zu berücksichtigen sei und zwar in Höhe von 15.286,34 Euro. Wegen der Höhe sei diese auf einen Zeitraum von 6 Monaten aufzuteilen, wobei monatlich 2.547,73 Euro als Einkommen zu berücksichtigen seien. Die Weiterleitung an den Treuhänder bleibe insoweit außer Betracht. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 18.08.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass der hälftige Erbschaftsanteil gemäß § 287 ZPO an den Treuhänder abgetreten sei und nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung stünde. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2011 zurück. Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Die Kläger haben am 07.12.2011 Klage erhoben. Sie beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 12.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.08.2011 bis 31.01.2012 zu gewähren und hierbei die Hälfte des zugeflossenen Erbes in Höhe von 7.643,17 Euro als Einkommen anzurechnen.
Zur Begründung führen sie aus, dass der Beklagte zu Unrecht den vollen Erbschaftsbetrag als Einkommen berücksichtigt habe. Der Beklagte sei lediglich berechtigt die Hälfte des Erbschaftsanteils in Höhe von 7.643,17 Euro anzurechnen. So habe bereits das LSG Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 24.04.2008, Az. L 28 B 1452/07 AS ER ausgeführt, das Einkommen nach § 11 SGB II nur das Einkommen sei, dass tatsächlich zum Bestreiten des Lebensunterhaltes beansprucht werden könne. Das Einkommen sei um die nach § 287 InsO abgetretene Forderung zu vermindern. Schließlich sei der Klägerin nur die Hälfte des Erbes zugeflossen. Die andere Hälfte des Erbes musste sie unmittelbar an den Treuhänder weiterleiten. Diese Pflicht ergebe sich aus § 295 InsO. Hätte die Klägerin zu 1.) die Hälfte des Erbschaftsanteils nicht an den Treuhänder weitergeleitet, wäre gemäß § 296 InsO ihre Restschuldbefreiung gefährdet gewesen, da sie insoweit gegen ihre Obliegenheit verstoßen hätte.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt der Beklagte vor, dass es alleine aus dem Zufluss des vollen Erbschaftsbetrages ankomme. Dieser sei der Klägerin zu 1.) auch unstreitig zugeflossen. Dass sie diesen unmittelbar an den Treuhänder weitergeleitet habe, sei für die Bewertung der Höhe des Einkommens ohne Bedeutung.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 12.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2011, mit welchem es der Beklagte ablehnte, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum August 2011 bis Januar 2012 zu bewilligen, ist rechtmäßig. Die Kläger sind durch diese Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt.
Da der Beklagte den Klägern ab Februar 2012 wieder Leistungen nach dem SGB II bewilligt hat, beschränkt sich der streitgegenständ...