Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversicherungsfall. unversorgtes Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis. Verjährung
Orientierungssatz
1. Die Einrede der Verjährung ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Schuldner den Gläubiger von der Unterbrechung der Verjährung abgehalten hat (vgl LSG Essen vom 16.1.2006 - L 3 R 3 /05).
2. Im Rahmen der Nachversicherung beim unversorgten Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis ist ein Abhalten im unter 1. genannten Sinn gegeben, wenn der Dienstherr es unterlässt, den Rentenversicherungsträger durch Erteilung einer Aufschubbescheinigung über den konkreten Nachversicherungsfall zu informieren.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beklagte begehrt von der Klägerin die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten der Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Februar 1976 bis 25. März 1977. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Klägerin sich insoweit zu Recht auf die Einrede der Verjährung berufen hat.
Die am 00. August 1948 geborene Beigeladene wurde nach ihrem Lehramtsstudium mit Wirkung vom 1. Februar 1976 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Lehramtsanwärterin ernannt. Der Vorbereitungsdienst endete am 25. März 1977. Ab dem 19. August 1977 war die Beigeladene als Lehrerin im Angestelltenverhältnis bei der Klägerin beschäftigt. Am 14. August 1978 wurde die Beigeladene als Lehrerin in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Am 29. Oktober 1979 wurde die Beigeladene zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt.
Im Mai 2009 führte die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen ein Verfahren auf Kontenklärung durch. Nach der Durchführung weiterer Ermittlungen forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 3. Juni 2009 zur Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für die Zeit des Vorbereitungsdienstes der Beigeladenen vom 1. Februar 1976 bis 25. März 1977 auf, zumal für diese Zeit von der Klägerin keine Aufschubbescheinigung erteilt worden war.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 berief sich die Klägerin darauf, dass der geltend gemachte Anspruch der Beklagten verjährt sei.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2009 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Nachversicherungsbeiträge für die Beigeladene für die Zeit vom 1. Februar 1976 bis 25. März 1977 mitzuteilen und zu überweisen. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass die Erhebung der Verjährungseinrede hier gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Die Beklagte berief sich auf die Rechtsprechung des BSG und LSG NRW.
Die Klägerin hat am 6. August 2009 Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt sie vor: Die Forderung sei nach nunmehr mehr als 32 Jahren verjährt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Möglichkeit, die Verjährungseinrede geltend zu machen, sei nach dem Recht, das zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Tätigkeit galt, zu beurteilen. Die 30-jährige Verjährungsfrist gelte erst seit dem 1. Juli 1977. Zuvor habe § 29 Abs. 1 RVO gegolten. Danach sei der Anspruch auf rückständige Rentenversicherungsbeiträge - wenn sie nicht absichtlich hinterzogen worden seien - zwei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit verjährt. Nach Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens berufe sie sich auf die Einrede der Verjährung. Die Beiträge seien auch nicht absichtlich hinterzogen worden. Zwar habe der Dienstherr des ehemaligen Beschäftigten diesem einen Rentenanspruch aus Fürsorgegründen zu verschaffen, jedoch verlange das Haushaltsrecht, dass das Land NRW als ehemaliger Dienstherr die rechtlichen Möglichkeiten zur Vermeidung von Ausgaben, zu denen keine Verpflichtung (mehr) bestehe, wahrnehme. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor. Im Übrigen treffe die Beigeladene ein Mitverschulden, da diese es unterlassen habe, die zwischenzeitlich übersandten Versicherungsverläufe auf Vollständigkeit und Richtigkeit hin zu überprüfen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Beitragsschuldner den Beitragsgläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung der Forderung abgehalten habe. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber innerhalb der Vierjahresfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV im Fall des unversorgten Ausscheidens eines versicherungsfrei Beschäftigten dem Rentenversicherungsträger weder eine Aufschub- noch eine Nachversicherungsbescheinigung erteilt habe. Auf ein Verschulden der Beigeladenen komme es nicht an, da die Klägerin für die Durchführung der Nachversicherung verantwortlich sei und über diese innerhalb der 4-Jahresfrist nach dem unversorgtem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung zu entscheiden habe.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Anforderung des Gerichts eine fiktive...