Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen des Anspruchs des Vertragsarztes auf Neuberechnung seines Honorars

 

Orientierungssatz

1. Die Bildung von Honorartöpfen bei der vertragsärztlichen Honorarverteilung hat den Zweck, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3c SGB 5 normierten Obergrenzen für die Erhöhung der Gesamtvergütung sich in den verschiedenen Arztgruppen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an der Gesamtvergütung verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern (BSG Urteil vom 9. 12. 2004, B 6 KA 44/03 R)

2. Weitere Zulassungen zur vertragsärztlichen Tätigkeit allein rechtfertigen nicht eine Erhöhung des Honorarvolumens für die Fachgruppe zu Lasten anderer Fachgruppen.

3. Der Vertragsarzt hat keinen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen mit einem bestimmten Punktwert. Der einzelne Vertragsarzt hat erst dann Anspruch auf ein höheres Honorar, wenn in einem Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG Urteil vom 20. 10. 2004, B 6 KA 31/03 R).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte zur Neuberechnung des Honorars für die Quartale I/03, II/03, IV/03 und I/04 im Hinblick auf eine fehlende Arztzahldynamisierung verpflichtet ist.

Die Kläger sind Fachärzte für Anästhesiologie und in Gemeinschaftspraxis zur vertragsärztlichen Versorgung in X zugelassen.

Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/03, II/03, IV/03 und I/04 erhoben sie mit der Begründung Widerspruch, dass das ausgezahlte Honorar nicht dem erarbeiteten entspreche. Durch die Quotierung der Fachgruppe auf 78,13%, 76,32%, 77,68% und 73,63% sei ein Teil der erbrachten ärztlichen Leistungen nicht honoriert worden. Die ungünstige Quotierung der Fachgruppe beruhe wahrscheinlich darauf, dass das Wachstum ihrer jungen Fachgruppe, das inzwischen durch flächendeckende Versorgung mit entsprechenden Zulassungssperren gebremst sei, bei der Festlegung der Fachgruppentöpfe nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Sie forderten daher die Nachvergütung der nicht honorierten Leistungen auf der Basis von 5,11 Cent pro Punkt.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2004 zurück.

Die Kläger haben am 21.12.2004 Klage erhoben. Sie tragen vor, dass die Beklagte es verabsäumt habe, die Größe des Fachgruppentopfes dem erlaubten Wachstum der jungen Fachgruppe anzupassen. In den streitgegenständlichen Quartalen lägen die Fachgruppenquoten weit unter denen der anderen Fachgruppen. Bei der Topfbildung sei nicht berücksichtigt worden, dass die Fachgruppe der Anästhesisten inhomogen sei. Es gebe eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Anästhesisten, die weniger als fünf Narkosen im Quartal erbringen, wohingegen andere Anästhesisten derselben Fachgruppe 600 Narkosen erbringen würden und wiederum andere schmerztherapeutisch tätig seien. Zu beanstanden sei die fehlende Dynamisierungsregelung. Diese sei zuletzt im Quartal 1/98 durchgeführt worden. Die Anzahl der Anästhesisten hätte im Quartal 11/98 bei 201 und im Quartal II/99 bei 248 gelegen. Die Beobachtungs- und Reaktionspflicht der Beklagten sei für die streitgegenständlichen Quartale abgelaufen gewesen. Die ab dem Quartal III/04 eingeführte Stützungsregelung hätte bereits früher eingeführt werden müssen. Die Auszahlungsquote des Fachgruppentopfes der Anästhesisten sei zwangsläufig wegen der von der Beklagten veranlassten Zunahme ambulanter Operationen und dadurch induzierten Anästhesieleistungen gesunken. Im Rahmen dieser Fördermaßnahmen sei der Arztgruppentopf Anästhesie nicht an die hierdurch gesteigerte Leistungsmenge angepasst worden. Da eine Verpflichtung bestehe, Überweisungen entgegenzunehmen, habe für die Anästhesisten keine Möglichkeit bestanden, eine angebotsinduzierte Mengenausweitung abzuwehren. Nach der Rechtsprechung des BSG sei diese Leistungsausweitung durch die ambulanten Operateure und dann in der Folge in der Fachgruppe der Anästhesisten medizinisch gerechtfertigt und deswegen bedarfsbedingt.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I/03, II/03, IV/03 und I/04 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2004 zu verurteilen, über ihr Honorar für die vorgenannten Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es habe keine Verpflichtung bestanden, in den Quartalen nach I/98 eine Arztzahldynamisierung durchzuführen. Der Anstieg der Arztzahlen bei den Anästhesisten beruhe auf der Ankündigung in 1998, dass auch die Fachgruppe der Anästhesisten zukünftig eine bedarfsbeplante Fachgruppe sein werde. Diese Ankündigung sei im Jahre 1999 auch umgesetzt worden. Bereits mit der Ankündigung hätten viele Anästhesisten die Sorge verbunden, sich nicht mehr oh...

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