Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit einer Klage bei doppelter Rechtshängigkeit
Orientierungssatz
Wurde ein Anspruch auf eine Sozialleistung bereits innerhalb eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht geltend gemacht (hier: Sozialhilfeleistungen), so ist eine erneute Klage zum selben Streitgegenstand bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft einer Entscheidung im ersten Verfahren unzulässig.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der im Jahre 1947 geborene Kläger, der bei der Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bezieht, begehrt mit seiner am 05.09.2016 erhobenen Klage die Ausstellung einer Bescheinigung zur Erlangung eines Sozialtickets. Ein Verfahren mit einem identischen Begehren ist bereits unter dem Aktenzeichen S 48 SO 453/16 anhängig.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Monatsticket 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie führt an, dass prozessuale Vorgehen des Klägers sei aufgrund der Vielzahl der angestrengten Verfahren rechtsmissbräuchlich.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
I. Obwohl ein Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, konnte die Kammer einseitig verhandeln und entscheiden, weil die Beklagte in der ihr ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
II. Das Begehren des Klägers ist bereits Gegenstand des Verfahrens S 48 SO 453/16. Die Streitsache konnte nicht ein zweites Mal anhängig gemacht werden (vgl. § 202 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Die Rechtshängigkeit umfasst den Streitgegenstand, d.h. den gesamten prozessualen Anspruch (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl. (2014), § 94 SGG, Rn. 3 a). Sie endet erst mit der formellen Rechtskraft (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 4), welche in den vorgenannten Verfahren noch nicht eingetreten ist. Während der Rechtshängigkeit ist ein zweites Verfahren zwischen denselben Beteiligten über denselben Streitgegenstand unzulässig (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 7, m.w.N.).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11576607 |