Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Angemessenheit der Unterkunftskosten. Ermittlung der angemessenen Wohnungsgröße in Nordrhein-Westfalen
Orientierungssatz
1. Im Rahmen der Übernahme von Kosten der Unterkunft bei einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist für einen 3-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 80 Quadratmetern angemessen. Dabei ist zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnfläche im Land Nordrhein-Westfalen seit dem 1.1.2010 der Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 über die Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) zugrunde zu legen (entgegen: LSG Essen, Urteil vom 29. April 2010, L 9 AS 58/08).
2. Einzelfall zur Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten unter Anwendung des Mietspiegels der Stadt Essen (hier: Quadratmeterpreis von 4,64 EUR als noch angemessen bejaht).
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 02.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2010 für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.05.2010 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 23,20 EUR monatlich zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kosten der Unterkunft für den Zeitraum von Januar bis Mai 2010. Im Streit ist insbesondere die Frage, welche Wohnfläche bei der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft seit dem 01.01.2010 zu berücksichtigen ist.
Der Kläger zu 1.) und die Klägerin zu 2.) sind verheiratet und bilden mit ihrer minderjährigen Tochter, der Klägerin zu 3.) eine Bedarfsgemeinschaft. Sie stehen seit dem 01.06.20xx im Leistungsbezug nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit dem 01.04.2007 bewohnen die Kläger eine Wohnung mit drei Zimmern, Küche, Diele, Bad und Speisekammer von insgesamt 83,31 m² im Stadtteil E.-M. Die Grundmiete der Wohnung betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 388,20 EUR im Monat. Zusätzlich fielen eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 110 EUR monatlich sowie ein Betriebskostenabschlag von 128 EUR monatlich an.
Mit Schreiben vom 25.05.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass die Miete für die Wohnung der Kläger unangemessen hoch, und zwar um 40,20 EUR zu hoch sei, und forderte die Kläger auf, die Kosten zu senken. Ab dem 01.06.2008 zahlte die Beklagte nur noch die angemessene Miete und legte ihrer Berechnung eine angemessene Grundmiete in Höhe von 348 EUR monatlich.
Am 12.11.2009 stellten die Kläger einen Fortzahlungsantrag, auf den die Beklagte mit Bescheid vom 02.02.2010 Leistungen in Höhe von insgesamt 1.349 EUR für Dezember 2009 und 1.329 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.05.2010 bewilligte. Darin enthalten waren Kosten der Unterkunft in Höhe von 586 EUR, die zu gleichen Teilen auf die drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt waren. Bei der Berechnung dieser Kosten setzte die Beklagte eine angemessene Grundmiete von 348 EUR monatlich sowie die vollen tatsächlichen Heiz- und Betriebskostenabschläge an.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 11.03.2010 Widerspruch ein mit der Begründung, die bewilligten Kosten der Unterkunft wären zu niedrig angesetzt. Seit dem 01.01.2010 wäre in Nordrhein-Westfalen für einen Drei-Personen-Haushalt eine angemessene Wohnfläche von 80 m² anzusetzen, da hierfür nunmehr die mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) gelten würden. Die angemessene Grundmiete wäre also höher.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2010 zurück. Sie führte aus, dass für einen Drei-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 75 m² und ein Quadratmeterpreis von 4,64 EUR angemessen sei. Dabei legte sie zur Berechnung der Angemessenheit die Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG) vom 08.03.2002 in der geänderten Fassung vom 21.09.2009 zugrunde, nach denen für einen Drei-Personen-Haushalt eine Fläche von nur 75 m² als angemessen anzusehen ist. Auf diese Vorschriften wäre auch nach dem Erlass der WNB noch abzustellen.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage vom 12.05.2010 wenden sich die Kläger gegen die Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft. Sie sind weiterhin der Ansicht, dass vorliegend eine Wohnfläche von 80 m² angemessen sei. Zur Begründung wiederholen sie die Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren. Um die zutreffende angemessene Grundmiete für die Wohnung der Kläger zu ermitteln, müsse folglich der von der Beklagten als angemessen angesetzte Betrag von 348 EUR auf eine Wohnfläche von 80 m² umgerechnet werden, so dass die zutreffende angemessene Grundmiete 348 EUR: 75 m² x 80 m² = 371,20 EUR betrage.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 02.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2010 den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.05.2010 Kosten de...