Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtzeitige Feststellung der weiterbestehenden Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des weiteren Krankengeldanspruchs
Orientierungssatz
1. Nach § 44 Abs. 1 SGB 5 haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder in Anspruch genommen wird.
2. Der nachgehende Anspruch auf Leistungen nach § 19 SGB 5 ist gegenüber anderen Versicherungstatbeständen subsidiär, und zwar auch dann, wenn dieser andere Versicherungstatbestand, wie z. B. die Mitgliedschaft in der KVdR, selbst keinen Krankengeldanspruch vorsieht.
3. Die Feststellung einer weitergehenden Arbeitsunfähigkeit hat nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB 5 noch innerhalb des zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeitsraumes zu erfolgen.
4. Nur ausnahmsweise, etwa wenn der Betroffene handlungs- oder geschäftsunfähig ist oder wenn der verspätete Zugang einer Meldung auf von der Kasse zu vertretenden Organisationsmängeln beruht, kommt die nachträgliche Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit in Betracht.
5. Der Krankenversicherungsträger ist nicht verpflichtet, den Versicherten auf die Erforderlichkeit einer weitergehenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit noch innerhalb des bereits bescheinigten Zeitraumes hinzuweisen. Damit ist insoweit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ausgeschlossen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 20.07.2008 zu gewähren ist.
Die am 03.08.1959 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin. Sie war zuletzt als Feinwerkerin bei S. beschäftigt. Seit dem 04.04.2006 ist sie arbeitslos. Sie war sodann bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert. In den letzten Jahren war sie wiederholt arbeitsunfähig, unter anderem wegen einer Fibromyalgie.
Im Januar 2007 wurde die Klägerin erneut arbeitsunfähig, laut den behandelnden Orthopäden Dres. S. und Di M. wegen Cervikobrachialgie, Lumboischialgie, Krämpfen und Spasmen der Muskulatur. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ab dem 21.02.2007 Krankengeld. Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde entsprechend eingestellt. Am 05.07.2007 stellte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Am 20.11.2007 wurde die Klägerin im Auftrag der Beklagten durch den MdK Nordrhein (Dr. M.) untersucht. Das Gutachten nennt als Diagnose eine Fibromyalgie. Bei der Untersuchung hätten sich lediglich endgradige Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule gefunden. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne hohe Anforderungen an Verantwortung und Flexibilität. Als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) werde der 30.11.2007 empfohlen.
Mit Bescheid vom 20.11.2007, der keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, stellte die Beklagte das Ende der AU zum 30.11.2007 fest und die Zahlung des Krankengelds ein.
Am 27.11.2007 (einem Dienstag) nahm die Klägerin einen Termin bei ihrem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. K. war. Eine Krankschreibung erfolgte an diesem Tag nicht.
Am Montag, dem 03.12.2007, stellte Dr. K. eine AU-Bescheinigung rückwirkend ab dem 01.12.2007 wegen einer Somatisierungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode als "Erstbescheinigung" aus. Die Klägerin legte diese AU-Bescheinigung mit einem undatierten Schreiben bei der Beklagten vor. Der genaue Zeitpunkt der Vorlage dieser AU-Bescheinigung ist nicht bekannt. Mit Schreiben vom 03.01.2008 widersprach Dr. K. gegenüber der Beklagten der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 30.11.2007. Im letzten halben Jahr sei es durch die von der Klägerin angegebenen Beschwerden zu einem sozialen Rückzug gekommen. Es bestehe voraussichtlich für zwei bis drei Monate AU. Eine antidepressive medikamentöse Behandlung sei eingeleitet.
Die Klägerin legte in der Folge weitere AU-Bescheinigungen vor, wobei sich in der Leistungsakte der Beklagten für den Zeitraum 04.- 09.01. und 01.06 - 26.06.2008 keine Bescheinigungen finden.
Am 07.04.2008 legte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Widerspruch durch Dr. Kamphausen nochmals ausdrücklich Widerspruch gegen die Beendigung der AU zum 30.11.2007 ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2009 zurück. Auch wenn Dr. K. der Beendigung der AU widersprochen habe, so liege kein Widerspruch desjenigen Arztes vor, der bis zum 30.11.2007 die AU bescheinigt habe. Bei der depressiven Episode und der Somatisierungsstörung handele es sich um neue Erkrankungen. Bis Ende November 2007 sei die Mitgliedschaft der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur über den Bezug von Krankengeld erhalten geblieben. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V komme es für die Frage, ob die Klägerin danach wei...