Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen der privaten Pflegeversicherung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
Orientierungssatz
1. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch gilt auch im Bereich der privaten Pflegeversicherung.
2. Die Pflegekassen haben nach § 7 Abs. 2 SGB 11 die Pflicht zur Information der Versicherten, wenn sich der Eintritt von Pflegebedürftigkeit abzeichnet.
3. Erleidet der Versicherte aufgrund einer der Pflegekasse zurechenbaren Pflichtverletzung einen Nachteil, indem er eine ihm vorteilhafte Disposition unterlässt oder eine ihm nachteilige Disposition trifft, so hat der Versicherte Anspruch auf die ihm zustehende Leistung bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen. Hierzu zählen u. a. Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung entsprechend einem konkreten Pflegegrad gemäß § 15 SGB 11.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Sohn P.K. für August 2020 Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach dem Pflegegrades 2 zu erbringen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für seinen Sohn ab dessen Geburt am .12.2014 bis 31.08.2020 nach dem Pflegegrad 2/Pflegestufe 1 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Der auch beihilfeberechtigte Kläger ist bei der Beklagten, einer privaten Pflegeversicherung, nach der Tarifstufe PVN privat pflegeversichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (Bedingungsteil MP/PPV) i.V.m. Tarif PV mit der Tarifstufe PVN zugrunde. Der am 2014 geborene Sohn ist über den Kläger im Rahmen dieses Versicherungsvertrages familienversichert.
Am 2014 ist der Sohn des Klägers im Helios Krankenhaus in Duisburg geboren. Bei seiner Geburt nach der 40. Schwangerschaftswoche kam es zu lebensbedrohlichen Komplikationen: Schwerer postpartaler Asphyxie und kardiopulmonale Reanimation, Pneumothorax rechts, postpartale Krampfanfälle und ein passageres Hirnödem.
Es erfolgte daraufhin bei ihm eine intensivmedizinische Behandlung, eine maschinelle Beatmung, die durchgehende Substitution verschiedener Medikamente zur Kreislaufstabilisierung sowie die Anlage einer Thoraxdrainage und einer Ernährungssonde. Im Krankenhaus hat der Sohn des Klägers noch Krankengymnastik erhalten. Er befand sich vom 12.2014 bis vom 13.01.2015 in stationärer Behandlung der Geburtsklinik und wurde am 13.01.2015 entlassen.
Am 22.12.2014 ist der Sohn des Klägers zur Mitversicherung ohne Gesundheitsprüfung bei der Beklagten angemeldet worden. Ausweislich des physiotherapeutischen Kurzbefundes vom 13.01.2015, der Entlastungstag des Sohnes, sollte die Kinderphysiotherapie fortgesetzt werden. Ausweislich des Berichtes der Helios Klinik Duisburg vom 19.12.2016 weist der 24-monatige Sohn ein Entwicklungsalter von 22 Monaten auf. Die weitere Qualität seiner Bewegungen ist für erforderlich gehalten worden.
Sämtliche ärztlichen/therapeutischen Behandlungen des Sohnes des Klägers in den Jahren 2015 und 2016 wurden zu Lasten der Beklagten abgerechnet. Später 2017 und in den Folgejahren hat der Sohn des Klägers Ergotherapie, Krankengymnastik und Logopädie erhalten.
Am 29.09.2020 hat der Kläger einen Antrag auf Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung erstmals gestellt. Daraufhin ist der Sohn des Klägers von dem medizinischen Dienst der privaten Pflegeversicherung (MedicProof) begutachtet worden. Ausweislich des Gutachtens vom 04.11.2020 von MedicProof ist bei dem Sohn des Klägers für August 2020 ein Pflegebedarf von 27,5 Punkten gewichtet und das Vorliegen der Voraussetzungen des Pflegegrades 2 festgestellt worden. Daraufhin hat die Beklagte durch Schreiben vom 13.11.2020 mitgeteilt, dass ab September 2020 die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 bei dem Sohn des Klägers erfüllt werden. Im Wiederholungsgutachten vom 08.03.2022 ist Pflegegrad 2 bei dem Sohn bestätigt worden.
Am 03.11.2021 hat der Kläger zusätzlich einen Antrag auf rückwirkende Leistung aus der privaten Pflegeversicherung für seinen Sohn ab seiner Geburt gestellt, nachdem er zufällig aus dem nahen Familienkreis einen Hinweis auf mögliches, rückwirkendes Pflegegeld für den Sohn erhalten hat.
Die Beklagte durch Schreiben vom 15.11.2021 und 14.01.2022 hat einen rückwirkenden Anspruch des Sohnes aus der privaten Pflegeversicherung mangels Pflegebedürftigkeit abgelehnt. Den am 22.10.2020 eingereichten Krankenhausberichten bezüglich des Sohnes des Klägers sei nicht zu entnehmen gewesen, dass bereits seit Geburt des Kindes Beeinträchtigungen vorlagen, die zu einer längerfristigen Pflegebedürftigkeit geführt hätten.
Ausweislich des Berichtes des Helios Klinikums Duisburg vom 30.10.2017, befand sich der Sohn des Klägers vom 28.08.2014 bis zum 29.08.2017 zur Kontrolle stationär. Im Bericht ist aufgeführt, dass ein motorischer Entwicklungsrückstand von vier Monaten und von einem Mo...