Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen. Beiträge zur privaten Pflegeversicherung. Beschränkung auf die Hälfte des Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung. Einkommensberücksichtigung. mehrere selbstständige Tätigkeiten. Zulässigkeit des horizontalen Verlustausgleichs innerhalb derselben Einkommensart. Vermeidbarkeit von Betriebsausgaben

 

Orientierungssatz

1. Ein privat pflegeversicherter Bezieher von Arbeitslosengeld II hat gegen den SGB 2-Träger Anspruch auf Übernahme seines Beitrags zur privaten Pflegeversicherung bis zur Hälfte des Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung.

2. Erzielt ein Leistungsberechtigter mit verschiedenen Tätigkeiten (zB verschiedenen Gewerben) oder verschiedenen Vermögensgegenständen (zB verschiedenen verpachteten oder vermieteten Grundstücken) Einkommen aus derselben Einkommensart, ist das Einkommen aus dieser Einkommensart auf Grundlage der Berücksichtigung der gesamten Einnahmen und Ausgaben für diese Einkommensart zu ermitteln. Gewinne und Verluste innerhalb derselben Einkommensart dürfen dabei miteinander verrechnet werden (sog horizontaler Verlustausgleich). § 5 AlgIIV 2008 steht dem nicht entgegen, denn die Vorschrift untersagt nach ihrem Wortlaut nur einen Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten (sog vertikaler Verlustausgleich).

3. Das Problem, dass Hilfeempfänger auf Kosten der Allgemeinheit verlustreichen Tätigkeiten nachgehen können, ist im Rahmen des § 3 AlgIIV 2008 bei der Prüfung zu lösen, ob es sich bei den Verlusten aus der einen selbstständigen Tätigkeit um "vermeidbare Betriebsausgaben" iS des § 3 Abs 3 S 1 AlgIIV 2008 handelt.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29.05.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.09.2009, 07.10.2013 und 29.11.2013 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2010 verurteilt, an den Kläger für die Monate April bis Juni 2009 weitere Leistungen in Höhe von monatlich 289,90 Euro und für die Monat Juli bis September 2009 weitere Leistungen in Höhe von monatlich 297,90 Euro zu zahlen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum April bis September 2009 unter Abzug der Verluste aus einem Teil seiner Selbständigkeit von den Gewinnen aus dem anderen Teil der Selbständigkeit.

Der Kläger ist 1963 geboren und beantragte im März 2009 die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.04.2009. Im streitigen Zeitraum hatte er für die von ihm bewohnte Wohnung in Duisburg Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 339,70 Euro zu zahlen (236,33 Euro Kaltmiete zuzüglich 29,87 Euro Heizkosten- und 73,50 Euro Betriebskostenvorauszahlungen). Der Kläger war im streitigen Zeitraum privat kranken- und pflegeversichert; hierfür fielen Beiträge in Höhe von monatlich 323,19 Euro für die Monate April bis Juni 2009 (281,61 Euro für die Kranken- zuzüglich 41,58 Euro für die Pflegeversicherung) und in Höhe von monatlich 311,85 Euro für die Monate Juli bis September 2009 (270,27 Euro zuzüglich 41,58 Euro) an. Der Kläger betrieb seit Anfang des Jahres 2008 eine Saftbar in Krefeld, mit welcher er seitdem keine Gewinne erzielen konnte. Im Frühjahr 2008 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer auf. Für die Kurierfahrten bekam der Kläger den Lieferwagen von den Kunden gestellt, weshalb weder entsprechende Betriebskosten, noch Haftpflichtversicherungsbeiträge oder Benzinkosten anfielen. Der Kläger rechnete aus diesen Tätigkeiten mit einem Gewinn in Höhe von insgesamt 3.119,00 Euro für den Zeitraum März bis September 2009.

Am 15.04.2009 schlossen der Kläger und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung. Als Ziel vereinbarten die Beteiligten darin, eine Fortführung der Selbständigkeit (1), die Steigerung der Umsätze/Erlöse durch Erweiterung des Angebots und Errichtung der Außenanlagen/Tische und Stühle (2), die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt (3) und (4) den Abbau der Hilfebedürftigkeit. Die Bemühungen des Klägers sind u.a. wie folgt festgehalten: Verbesserung der Einnahmesituation und Steigerung der Erlöse/Gewinne und die gewissenhafte, engagierte und gesetzeskonforme Führung des Existenzgründungsvorhabens mit dem Ziel, die Hilfebedürftigkeit abzubauen.

Mit Schreiben vom 16.05.2009 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er sein Gewerbe als Einzelhandel für Salate und Säfte sowie Transportdienste angemeldet und im März 2008 begonnen habe. Er befinde sich damit gerade am Beginn der Selbständigkeit; gerade im Einzelhandel müsse mit einer längeren Anlaufphase gerechnet werden. Der im persönlichen Gespräch am 05.05.2009 erklärten Forderung der Beklagten, eine separate Anlage EKS (Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft) für den Transportbereich zu erstellen,...

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