Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegen die Krankenkasse für die Erbringung geriatrisch frührehabilitativer Leistungen
Orientierungssatz
1. Die Regelung in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB 5, derzufolge im Rahmen der akutstationären Behandlung ein Anspruch auf die im Einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzende Leistung zur Frührehabilitation besteht, spricht dafür, dass die Erbringung geriatrisch frührehabilitativer Leistungen vom Versorgungsauftrag eines Krankenhauses umfasst ist und zur Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 S 2 SGB 5 gehört. Die Behandlung in einer Abteilung für Geriatrie ist keine zwingende Voraussetzung.
2. Auf die Erfüllung der Mindestmerkmale für die Erbringung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung, wie in der OPS-Ziffer 8-550 in der für das Jahr 2007 geltenden Fassung definiert, kommt es nicht an.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2507,77 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.05.2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Vergütungsanspruch für eine ihrer Versicherten, Frau M. B., (im Folgenden: Versicherte) im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes erbrachte geriatrische frührehabilitative Behandlung hat.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Krankenhausgesellschaft betreibt ein Krankenhaus in M an der Ruhr, welches lt Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 16.12.2005 (Nr 1247) als Krankenhaus der Versorgungsstufe II mit insgesamt 634 Betten ua mit der Hauptfachabteilung Innere Medizin (Allgemein), Gastroenterologie und Kardiologie in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.10.1979 aufgenommen worden ist. Die Medizinische Klinik der Klägerin verfügt ua über ein Schlaganfallzentrum. Seit dem Jahre 2006 werden auch geriatrisch frührehabilitative Komplexbehandlungen strukturiert durchgeführt. Im Krankenhausplan NRW (Planungsgrundsätze) ist das Fach Geriatrie ausgewiesen, obwohl es nicht als Gebiet oder Teilgebiet in den Weiterbildungsordnungen der Ärztinnen und Ärzte der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe enthalten ist.
Die am 1925 geborene Versicherte der Beklagten wurde am 11.04.2007 notfallmäßig nach stattgehabtem Schlaganfall im Krankenhaus der Klägerin auf der Abteilung für Innere Medizin aufgenommen und dort bis zum 30.04.2007 stationär behandelt. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter Berücksichtigung der DRG B 44 D für eine geriatrisch frührehabilitative Komplexbehandlung im Schreiben vom 30.04.2007 einen Betrag in Höhe von insgesamt 5603,57 EUR in Rechnung. Die Beklagte vergütete am 25.05.2007 unter Abzug der auf den genannten Leistungskomplex entfallenden Entgelte einen Teilbetrag in Höhe von 3095,80 EUR und verweigerte die Restzahlung mit der Begründung, die durchgeführte geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung gehöre nicht zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses.
Die Klägerin hat am 17.07.2007 durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage auf Zahlung des Restbetrages nach Maßgabe der von ihr angesetzten, die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung umfassenden DRG nebst Zinsen erhoben. Sie macht geltend: Ihr Vergütungsanspruch folge aus § 109 Abs 4 Sätze 2 u 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V - iVm der Pflegesatzvereinbarung sowie § 39 Abs 1 S 2 SGB V. Da sie mit einer Hauptfachabteilung Innere Medizin ausgewiesen sei und die Geriatrie ein Weiterbildungsgebiet der Inneren Medizin darstelle, seien in diesem Rahmen auch geriatrische Leistungen vom Versorgungsauftrag umfasst, zumal sie alle Voraussetzungen für die Durchführung geriatrischer frührehabilitativer Komplexbehandlungen erfülle und diese ordnungsgemäß erbracht habe. Demgegenüber sei nicht notwendig, dass für ein geriatrisches Versorgungsangebot im Feststellungsbescheid eine geriatrische Fachabteilung gesondert ausgewiesen sei. Nach § 8 Abs 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG - ergebe sich der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses aus den Festlegungen des Krankenhausplanes iVm den Bescheiden zu seiner Durchführung. Nach den Planungsgrundsätzen des nordrhein-westfälischen Krankenhausplanes orientierten sich die der Krankenhausplanung zugrunde liegenden Gebiete an den Weiterbildungsordnungen der Ärzte der zuständigen Ärztekammern. Hierin sei die Geriatrie nicht als eigenständiges Gebiet oder eigenständige Facharztbezeichnung ausgewiesen. Eine geriatrische Fachkompetenz könne nur im Rahmen der fakultativen Weiterbildung "Klinische Geriatrie" nach Erlangung der Facharztanerkennung "Innere Medizin" oder "Allgemeinmedizin" bzw als Zusatzbezeichnung "Geriatrie" erworben werden. Ein Facharzt für Geriatrie existiere nicht. Die Geriatrie sei krankenhausplanerisch auch nicht den Schwerpunktfestlegungen nach § 15 Krankenhausfinanzierungsge...