Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der Antragstellung zum Erhalt einer Waisenrente bei einer volljährigen Waise aufgrund der Stellung eines Witwenrentenantrages durch die Mutter der Waise
Orientierungssatz
Zur (hier bejahten) Hinweispflicht des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der Antragstellung zum Erhalt einer Waisenrente bei einer volljährigen Waise aufgrund der Stellung eines Witwenrentenantrages durch die Mutter der Waise.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 29.10.2015 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Halbwaisenrente im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften für die Zeit vom 01.11.2010 bis 28.10.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das beklagte Land hat 3/4 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Halbwaisenrente vom 05.02.2010 bis 28.10.2012. Am 09.03.2010 beantragte die Mutter des Klägers die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des am xx.xx.2010 verstorbenen Dr. C. A. Sie gab auf Seite 6 des Antrages an, dass sie den 1995 geborenen Kläger als leibliches Kind habe. Die entsprechende Rente wurde bewilligt.
Am 18.11.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Halbwaisenrente. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 03.12.2014 abgelehnt mit der Begründung, dass der Kläger das Höchstalter von 27 Jahren bereits überschritten habe. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 27.12.2014. Er legte dar, dass ihm ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zustehe, eine Pflichtverletzung seitens der Beklagten liege nicht vor, sie müsse sich aber die Pflichtverletzung der D. AG zurechnen lassen. Er habe dort seinen Rentenanspruch bereits im April 2010 angemeldet. Dabei sei nicht nur sein Antrag dort jahrelang verzögert und nicht bearbeitet worden. Er sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass ihm ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung zustehe. Es habe eine Spontanberatungspflicht vorgelegen, die von den Mitarbeitern der D. AG nicht wahrgenommen worden sei. Auch anlässlich der Rentenberatungen bei der Stadtverwaltung hätte seine Mutter auf die Ansprüche der Kinder des verstorbenen Ehemannes, also seine und die seiner Schwester hinweisen müssen. Die Beklagte holte Auskünfte bei der Stadtverwaltung E-Stadt ein, die jedoch keine Aufzeichnungen zur Antragstellung vorlegen konnte. Am 29.10.2015 erging zurückweisender Widerspruchsbescheid. Es wurde zur Begründung auf den Beginn der Waisenrente nach § 99 Abs. 2 SGB VI hingewiesen und dargelegt, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erfüllt seien. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsene Pflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Des Weiteren wurden die Voraussetzungen für den Rechtsanspruch auf Wiedereinsetzung referiert. Es wurde dargelegt, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur möglich sei, wenn der Kläger ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Hierfür habe er keine ausreichenden Gründe geltend gemacht. Grundsätzlich müsse sich die Deutsche Rentenversicherung Bund eine fehlerhafte Beratung des Stadt E-Stadt zurechnen lassen, in einen solchen Fall könne durchaus ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehen. Der Kläger sei im Jahre 2010 bereits volljährig gewesen. Es sei weder nachgewiesen noch behauptet, dass er seiner Mutter eine Vollmacht für die Einholung von Auskünften erteilt habe. Beratungspflichten der Mutter gegenüber hinsichtlich eines möglichen Waisenrentenanspruchs hätten daher zu keinem Zeitpunkt bestanden. Aus diesem Grund liege kein zurechenbares Fehlverhalten der Stadt E-Stadt mit der Folge eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vor.
Am 24.11.2015 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Halbwaisenrente für die Zeit vom 05.02.2010 bis 28.10.2012 begehrt. Er ist weiterhin der Ansicht, dass die Beklagte ihn nach seinen Anspruch hätte hinweisen müssen. Aus den Akten heraus habe die Beklagte gewusst, dass der verstorbene Vater zwei Kinder gehabt habe und zum anderen, dass von die von seiner Mutter zur Beratung angefragte Stadt E-Stadt es unterlassen habe, seine Mutter auf etwaige Rentenansprüche der Kinder hinzuweisen, obwohl diese ausdrücklich auch für die Kinder nachgefragt habe. In der Beantragung eigener Rechtsansprüche durch die Mutter liege gleichzeitig auch das A...