Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. kein Anspruch auf individuelle Finger-Handprothese bei fehlenden Fingergliedern der nichtdominanten Hand
Orientierungssatz
1. Eine Finger-Handprothese aus Silikon, die das angeborene Fehlen von mehreren Fingergliedern bzw des vollständigen Mittelfingers ersetzen soll, dient nicht als Hilfsmittel, um weitere Behinderungen zu vermeiden oder eine drohende Behinderung vorzubeugen.
2. Leistungen zum Zweck des Behinderungsausgleichs sind nicht unbegrenzt von der GKV zu erbringen, denn es besteht kein Anspruch auf eine Optimalversorgung. Da durch eine Silikon-Teilhandprothese die Trage- und Greiffunktion nicht verbessert und die Behinderung nicht ausgeglichen wird, besteht nur durch eine Einklemmmöglichkeit aufgrund der Elastizität des Silikons ein möglicher Funktionsgewinn in einem äußerst kleinen Anwendungsbereich.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit einer Silikon-Teilhandprothese.
Der 1987 geborenen Klägerin fehlen seit Geburt aufgrund eines Schnürsyndroms an der linken Hand das Grundstück des Daumens, die letzten zwei Glieder des Zeige- und Ringfingers sowie der vollständige Mittelfinger. Aufgrund dessen ist bei ihr ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Die Klägerin ist Rechtshänderin. Sie ist als angestellte Arzthelferin tätig.
Mit ärztlicher Verordnung vom 19. Februar 2013 verordnete Dr. D. (zugleich ihr Arbeitgeber) eine individuelle Finger-Handprothese links aus Silikon nach Abdruck. Der Hersteller E. erstellte für das Sanitätshaus F. GmbH einen Kostenvoranschlag über insgesamt 11.904,82 €. Das Sanitätshaus erstellte daraufhin einen Kostenvoranschlag i.H.v. 17.609,13 € nach Abzug eines Eigenanteils eine Zuzahlung i.H.v. 10,- €.
Diese Unterlagen gingen bei der Beklagten am 5. April 2013 ein, welche dies als Antrag auf Kostenübernahme wertete.
Der hinzugezogene Medizinische Dienst der Krankenversicherung Hessen (MDK) führte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 30. April 2013 aus, dass anhand der Unterlagen die Notwendigkeit der Versorgung sozialmedizinisch oder fachorthopädisch nicht als sachgerecht begründet nachvollzogen werden könne. Angaben zum bisherigen Krankheits- und Therapieverlauf würden fehlen. Es sei davon auszugehen, dass die Versicherte seit ihrer Geburt an diese Fehlbildung gut adaptiert sei. Das primäre Ziel der Versorgung sei die möglichst naturgetreue und ästhetische Nachbildung im Bereich der linken Hand. Durch das Hilfsmittel würde keine verloren gegangene oder eingeschränkte Funktion ausgeglichen oder kompensiert. Ein sicheres Greifen, Zupacken oder Festhalten von Gegenständen oder eine verbesserte Feinmotorik sei nicht möglich. Der optische, kosmetische Ausgleich stehe im Vordergrund.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 7. Mai 2013 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte Stellungnahmen des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, das Sanitätshaus G. und ihres Hausarztes vor. Der Hausarzt führte aus, dass die Lebensqualität gesteigert werden würde. Die Greifmöglichkeiten der betroffenen Hand würden erweitert werden. Der Stumpf würde geschützt. Das Sanitätshaus führte wörtlich die durch den Hausarzt dargestellten Vorteile aus. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie H. gab an, dass aufgrund der Behinderung der linken Hand eine erhebliche psychische Belastung in Form einer rezidivierenden Depression bestehe. Die Prothese stelle keine rein kosmetische Behandlung der. Die Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main (Dr. J.) gab in einem Arztbrief an den Hausarzt an, dass die Epithese zur Besserung der Greiffunktion notwendig sei.
Auf dieser Grundlage nahm der MDK Hessen erneut am 24. Juli 2013 Stellung. Das primäre Ziel der Versorgung sei die möglichst naturgetreue und ästhetische Nachbildung von Teilen der linken Hand. Eine Funktionsverbesserung sei damit nicht verbunden, da die notwendige Sensibilität der Epithese nicht gegeben sei. Die Prothese führe nicht zu einem selbständigen Greifen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2013 als unbegründet zurück. Durch die Prothese werde kein Behinderungsausgleich erzielt. Der optische, kosmetische Ausgleich stehe im Vordergrund. Hinsichtlich psychiatrischer Leiden werde eine psychiatrische Gesprächstherapie empfohlen.
Hiergegen hat die Klägerin am 11. Dezember 2013 Klage am Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2013 zu verurteilen, antragsgemäß die Kosten für eine Finger-Handprothese zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich hinsichtlich ihres Vortrags auf die Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat...