Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Adoption eines Kindes im Ausland. Elterngeldantrag. Antragsfrist. Beginn des Bezugszeitraums. faktische Haushaltsaufnahme des Kindes im Ausland. Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der späteren rechtlichen Anerkennung der ausländischen Adoption in Deutschland

 

Orientierungssatz

Bei einer Auslandsadoption außerhalb des deutschen Rechts und ohne Beteiligung anerkannter Adoptionsvermittlungsstellen ist für die Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person nicht auf die faktische Haushaltsaufnahme im Ausland, sondern auf den Zeitpunkt der Anerkennung der Annahme als Kind nach deutschen Rechtsvorschriften durch Entscheidung eines deutschen Gerichts abzustellen.

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11.06.12 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.12 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300,- € monatlich für 12 Lebensmonate des am 17.01.2006 geborenen Sohnes C., ausgehend von dem Beschluss des OLG Köln zur Wirksamkeit der Adoption am 24.04.12 zu bewilligen.

Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewilligung von Elterngeld im Hinblick auf die Frage, ob der Antrag nach einer Auslandsadoption im Iran verspätet gestellt wurde.

Die Klägerin ist 1965 im Iran geboren, 1989 in die BRD geflohen und hatte Asyl erhalten.

Die Ehe mit dem deutschen Ehemann blieb kinderlos.

Die Klägerin reiste in den Iran, um ein Kind aus ihrem Kulturkreis ohne Beteiligung deutscher Jugendämter zu adoptieren.

Im deutschen Rechtskreis galt die Rechtslage als eindeutig: eine Adoption in der Islamischen Republik Iran sei dort aus Religionsgründen verboten. Nach islamischem Recht und Glauben könne nur eine Pflegekindschaft - sog. Kafala - begründet werden. Diese Auffassung entsprach auch einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.10.2010 - BVerwG 1 C 16.09 - hinsichtlich der Ablehnung eines Einreisevisums für marokkanisches Kind nach sog. „Kafala“-Pflegschaft.

Die Klägerin nahm das Kind nach iranischem Gerichtsbeschluss vom 31.01.2009 in ihren Haushalt in Teheran auf - und zwar den am xx.xx.2006 geborenen C. -. Mit Beschluss vom 31.01.2009 hatte das Amtsgericht zu Teheran den Eheleuten das provisorische Erziehungsrecht über C. zugesprochen und mit Beschluss vom 25.07.2009 gemäß beglaubigter Übersetzung eines Dolmetschers in Teheran vom 01.08.2009 ein entstandenes Eltern-Kind-Verhältnis nach 6-monatiger Probezeit bestätigt und den Eltern das endgültige Erziehungsrecht erteilt.

Vor dem Hintergrund der geltenden deutschen Rechtsauffassung lehnte die Deutsche Botschaft in Teheran die Erteilung einer Einreiseerlaubnis für C. in die BRD ab, da eine Adoption im Iran aus Religionsgründen ausgeschlossen sei. Es liege eine bloße Pflegekindschaft (sog. Kafala) vor.

Die Anerkennung der iranischen Gerichtsentscheidung als Adoption lehnte das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 29.04.2010 ab mit der Begründung, durch die Entscheidung des Gerichts in Teheran vom 25.07.2009 sei lediglich ein Pflegkindverhältnis nach islamischem Recht begründet worden. Die iranische Gerichtsentscheidung sei daher nicht als Adoptionsentscheidung nach § 2 des Gesetzes über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht - Adoptionswirkungsgesetz - (AdWirkG) anzuerkennen.

Verschiedene Versuche, eine Einreisemöglichkeit für C. zu erlangen, schlugen fehl.

Im Jahr 2010 (wohl am 12.11.2010) reiste die Klägerin mit dem Kind über Zypern unerlaubt nach Deutschland ein, worauf die Ausländerbehörde unter dem 28.01.11 eine aufenthaltsrechtliche Duldung (Aussetzung der Abschiebung) für C. aussprach.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht - OLG - Köln erkannte dieses mit Beschluss vom 23.04.2012, erlassen am 24.04.2012 (Az.: 4 UF 185/10) die Annahme des Kindes C. aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Teheran vom 25.07.2009 an gemäß § 2 Abs. 1 AdWirkG. Das Gericht führte in den Gründen aus, die Entscheidung des Amtsgerichts Teheran vom 25.07.09 sei eine Adoptionsentscheidung, die in ihren Wirkungen einer schwachen Adoption nach deutschem Recht entspreche. Es handele sich nicht um die Begründung eines Pflegekindverhältnisses. Hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung der iranischen Entscheidung stützte sich der Senat im Rahmen seiner Begründung auf ein Rechtsgutachten zum Iranischen Recht durch die Sachverständige Dr. D.

Den am 30.04.12 - eingegangen am 03.05.12 - gestellten Antrag auf Bewilligung von Elterngeld für den 02. bis 13. Lebensmonat des am xx.xx.2006 in Teheran geborenen Kindes C. lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.06.2012 ab, da der Antrag auf einen Zeitpunkt zurückreiche, in welchem kein Elterngeld mehr zustehe. Bei Adoptivkindern oder Kinder in Adoptivpflege trete der Monat der Haushaltsaufnahme an die Stelle des Geburtsmonats. Das Elterngeld sei schriftlich zu beantragen und werde rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet, in wel...

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