Entscheidungsstichwort (Thema)

Fiktion der Genehmigung eines Leistungsantrags des Versicherten bei nicht fristgerechter Bescheidung durch die Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Eine begehrte Leistung ist nach § 13 Abs. 3a SGB 5 genehmigungsfähig, wenn der Versicherte diese für erforderlich halten durfte und sie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.

2. Eine Hautstraffung nach durchgeführter Magenbypassoperation als stationäre Krankenhausbehandlung unterfällt dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Gegensatz zur ambulanten Behandlung normiert das SGB 5 keinen Erlaubnisvorbehalt, sondern in § 137c SGB 5 eine generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt.

3. Eine Einzelfallprüfung entfällt bei den Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB 5.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 29.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Hautstraffungen im Bereich des Bauchs, der Beine und Arme, der Brust und des Gesäßes als Sachleistung zu gewähren.

3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine postbariatrische Wiederherstellungsoperation als Sachleistung im Bereich des Bauchs, der Beine, Armen, der Brust und des Gesäßes nach den Vorschriften des Fünften Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Die 1970 geborene Klägerin verlor durch eine Magenbypassoperation im Jahr 2011 90 kg. Infolge dieser Gewichtsreduktion bildeten sich an Oberarmen, den Beinen, dem Gesäß und dem Bauch Hautüberschüsse und eine Bauchfettschürze. Zudem bildete sich eine Erschlaffung der Brüste.

Am 19.07.2013 beantragte die Klägerin die Genehmigung der hautstraffenden Operation. Daraufhin erstattete der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Hessen (MDK) der Beklagten ein Gutachten. Dieser führte aus, dass wesentliche Funktionseinschränkungen oder Bewegungseinschränkungen nicht feststellbar seien. Des Weiteren seien therapieresistente Hautreizungserscheinungen nicht festzustellen. Mit entsprechender Alltagskleidung seien die Hauterschlaffungen und Fettschürzenbildungen gut kaschierbar.

Mit Bescheid vom 29.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach dem Gutachten des MDK eine medizinische Indikation nicht gegeben sei.

Dagegen legte die Klägerin am 13.09.2013 Widerspruch ein. Am 27.11.2013 erstattete der MDK ein weiteres Gutachten. Es könne weiterhin keine Empfehlung für die Übernahme der Kosten erfolgen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen richtet sich die erhobene Klage. Sie ist der Ansicht, dass die Leistung nach § 13 Abs. 3a SGB V genehmigt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 29.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Hautstraffungen im Bereich des Bauchs, der Beine und Arme, der Brust und des Gesäßes als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stützt sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid. Zudem ist sie der Ansicht, dass eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht eingetreten sei, da der Antrag bereits 2012 gestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 29.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Es ist eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V eingetreten, da die Beklagte nicht innerhalb von fünf Wochen über den Antrag der Klägerin entschieden hat.

Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über den Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachterlich Stellung (Satz 3). Kann die Krankenkasse die Frist nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6).

Die Tatbestandsvoraussetz...

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