Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung einer überzahlten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von den Erben eines verstorbenen Ehegatten eines zuvor verstorbenen Sozialleistungsbeziehers. Erforderlichkeit einer Ermessensausübung im Rahmen der Rückforderung bei Mehrheit von Erben. gesamtschuldnerische Haftung
Orientierungssatz
Zur Erforderlichkeit einer Ermessensausübung, wenn ein Sozialleistungsträger bei Mehrheit von Erben eines verstorbenen Ehegatten eines zuvor verstorbenen Sozialleistungsbeziehers zu Unrecht bezogene Sozialleistungen von den Erben in gesamtschuldnerischer Haftung zurückfordert.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 23. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2016 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 2615,22 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte einen Erstattungsanspruch aus dem Erbe des 2012 verstorbenen Vaters der Klägerin in Höhe von 2615,22 Euro realisieren will.
Die 1941 geborene, bei der Beklagten versicherte Frau D. C. bezog ab 1. Juli 2001 Altersrente für Frauen und daneben ab 1. Juli 2002 ein Gehalt als Zustellerin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung als Hinzuverdienst. Dabei überschritt sie die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen. Die Versicherte erhob gegen den von der Beklagten zwecks Erstattung der eingetretenen Überzahlung in Höhe von 5230,45 Euro erlassenen Bescheid Klage. Das Klageverfahren wurde nach dem Tod der Versicherten am 22. Mai 2009 von ihrem Ehemann fortgeführt. Nach dem Versterben des Ehemannes der Versicherten am 5. Juni 2012 ging die gemeinsame Tochter, die laut Sterbefallanzeige neben dem Ehemann der Versicherten gesetzlich erbberechtigt war, gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 30. Juli 2012 (Az. S 1 R 264/11) in Berufung. Die Klägerin trat als weitere nichteheliche Tochter des verstorbenen Ehemannes nach Klärung der Rechtsnachfolge dem Rechtsstreit im September 2013 bei. Mit Urteil vom 29. Januar 2016 (Az. L 5 R 337/13) wies das Hessische Landessozialgericht die Berufung zurück. Der Bescheid vom 14. Juli 2006 in Gestalt des Bescheides vom 27. Dezember 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2007 sei rechtmäßig. Als Erbinnen hafteten die Klägerinnen für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten gem. § 50 SGB X i.V.m. § 1922, 1967 BGB als Gesamtrechtsnachfolger gem. § 1922 BGB, was sich aus dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Fulda vom 16. Juli 2013 ergebe.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2016 forderte die Beklagte die Klägerin und die gemeinsame Tochter der verstorbenen Versicherten und ihres verstorbenen Ehemannes zur Zahlung von jeweils 2615,22 Euro auf und teilte mit, es bestehe zum Ausgleich der bestehenden Forderung jeweils eine gesamtschuldnerische Haftung zur Hälfte. Während die gemeinsame Tochter zahlte, lehnte die Klägerin dies ab und erhob erbrechtliche Einreden wegen Dürftigkeit des Nachlasses der Versicherten und Unzulänglichkeit des Nachlasses, außerdem erhob sie die Einrede der Entreicherung und machte Haftungsbeschränkung gem. § 780 ZPO und die Einrede der Verjährung geltend. Der Klagebeitritt sei erst mit Schriftsatz vom 4. September 2013 erfolgt, zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährung schon eingetreten. Die Klägerin wies auch darauf hin, dass sie nicht Erbin der verstorbenen Versicherten geworden sei.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2016 forderte die Beklagte die Klägerin daraufhin erneut auf, den Betrag von 2.615,22 Euro zu zahlen. Rechtsgrundlage sei § 50 SGB X, maßgeblich sei das Urteil des HLSG vom 29. Januar 2016. Die zu Unrecht gezahlten Rentenbeträge in Höhe von 2.615,22 Euro seien im Rahmen der Erbenhaftung gem. §§ 1922, 1967, 2032 ff BGB zu zahlen. Als Teilerbe hafte die Klägerin gem. § 421 BGB als Gesamtschuldner. Demnach könne jeder Teilerbe nach Belieben zum Ausgleich der Forderung in Anspruch genommen werden, die Leistung jedoch nur einmal verlangt werden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass die Tochter der Versicherten den hälftigen Anteil überwiesen habe. Von der Klägerin sei daher der genannte Betrag zu zahlen. Dagegen erhob die Klägerin am 28. Juni 2016 Widerspruch und trug ergänzend vor, ihr verstorbener Vater habe keinen Kindesunterhalt geleistet.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 1. September 2016, in dem die Beklagte im Wesentlichen die Begründung im Ausgangsbescheid wiederholt hatte und das Vorbringen der Klägerin für unerheblich erklärte, hat die Klägerin am 22. September 2016 Klage erhoben. Sie weist darauf hin, dass sie mit der Versicherten weder verwandt noch verschwägert gewesen sei. Nach dem Versterben der Versicherten seien deren Ehemann und die gemeinsame Tochter Erben zu ½ geworden. Sie sei allenfalls gesetzliche Erbin in Höhe von ¼ des Nachlasses der Versicherten geworden. Die von der Beklagten ...