Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2009 verurteilt, der Klägerin für ihre am 5. September 2008 geborene Tochter, C. A., Elterngeld für das erste Lebensjahr dem Grunde nach zu gewähren.

Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Die 1977 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und lebte in eheähnlicher Gemeinschaft mit dem 1967 geborenen B. A.. Am 5. September 2008 gebar die Klägerin die gemeinsame Tochter, C. A.

Unter dem 19. November 2008 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Elterngeld für ihre Tochter. Ihrem Antrag fügte sie die Gehaltsabrechnungen ihres Arbeitgebers, der Europäischen Zentralbank (EZB), von September 2007 bis September 2008 bei. Gleiches galt für ein Schreiben ihres Arbeitgebers vom 6. Mai 2008 aus dem folgte, dass sich die Klägerin in der Zeit vom 13. August 2008 bis 30. Dezember 2008 in Mutterschutz befinde. Während dieser Zeit erhalte sie weiterhin ihre vollständigen monatlichen Bezüge. Aus dem weiterhin beigefügten Schreiben ihres Arbeitgebers vom 30. Juni 2008 folgte sodann, dass sie sich ab dem 31. Dezember 2008 bis 28. Februar 2009 in Elternzeit befinde. Ab dem 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 werde sie, ausweislich des weiteren Schreibens vom 29. Juli 2008, eine Teilzeittätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden ausüben. Ab dem 1. September 2009 sei wieder die Aufnahme der Vollzeittätigkeit vorgesehen.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Nach Artikel 15 des Abkommens zwischen der EZB und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 18. September 1998 unterlägen die Beschäftigungsbedingungen der Bediensteten der EZB und die in ihrem Haushalt lebenden Familienangehörigen nicht dem materiellen und prozessualen Arbeits- und Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland. Bei der EZB handele es sich um eine europäische Organisation, so dass europäisches Recht zur Anwendung käme. Die Mitarbeiter und die in ihrem Haushalt lebenden Familienangehörigen müssten vorrangig ihren Anspruch im Heimatland geltend machen. Eine Gewährung von Elterngeld komme somit nicht in Betracht. Darüber hinaus unterläge die Tätigkeit der Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Sie sei weder steuer- noch sozialversicherungspflichtig in Deutschland.

Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 21. Dezember 2008 Widerspruch. Sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG. Ihr Wohnsitz sei in Deutschland, sie lebe mit ihrer Tochter in einem Haushalt und betreue und erziehe dieses Kind. Letztlich übe sie bis einschließlich Februar 2009 auch keine Erwerbstätigkeit aus. In der Zeit von März bis August 2009 übe sie sodann keine volle Erwerbstätigkeit aus. Gemäß § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) könne sie von der Anwendung des BEEG nur dann ausgeschlossen sein, wenn dies durch spezialgesetzliches oder durch zwischen- und überstaatliches Recht angeordnet worden sei. Da § 1 BEEG den Anwendungsbereich jedoch abschließend regele, fehle es am Gesetzesvorbehalt, aufgrund dessen die Anwendung des BEEG auf die Klägerin verweigert werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Sitzstaatsabkommen zwischen der Bundesrepublik und der EZB. Hiernach könne das materielle und prozessuale Arbeits- und Sozialrecht der Bundesrepublik nicht auf die Beschäftigungsbedingungen der Direktoriumsmitglieder und Bediensteten der EZB Anwendung finden. Sinn dieser Regelung sei es u. a., Doppelleistungen zu verhindern. Dies sei jedoch faktisch unmöglich, da die EZB kein Elterngeld zahle. Darüber hinaus sei Artikel 15 des Sitzstaatsabkommens dahingehend zu verstehen, dass die Beschäftigten der EZB von sämtlichen Pflichtbeiträgen an deutsche Sozialversicherungsträger befreit sein sollten. Da das Elterngeld jedoch nicht aus Pflichtbeiträgen finanziert werde, sei Artikel 15 des Sitzstaatsabkommens nicht anwendbar. Im Übrigen seien die vom Bundessozialgericht zum Anwendungsbereich des Erziehungsgeldes entwickelten Grundsätze anzuwenden (BSG, Urteil vom 29 August 1991, Az: 4 Reg 8/91). Unabhängig hiervon ergebe sich der Anspruch auf Elterngeld letztlich auch aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BEEG. Die Klägerin sei deutsche Staatsangehörige und übe ihre Tätigkeit bei der EZB nur vorübergehend aus. Der Arbeitsvertrag sei bis zum 30. Juni 2010 befristet.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen erneut auf Artikel 15 des Sitzstaatsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EZB.

Hiergegen richtet sich die unter dem 8. Februar 2009 bei dem hiesigen Gericht erhobene Klage, mit welcher die Klägerin weiterhin die Gewährung von Elterngeld für ihre Tochter begehrt. Zur Begründung wiederholt sie ihre Argumente...

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