Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss. Ermessensleistung. Berufung auf Vermittlungsvorrang. fehlerhafte Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
Die Ablehnung der Bewilligung eines Gründungszuschusses unter Berufung auf den in § 4 Abs 2 SGB 3 geregelten Vorrang der Vermittlung ist ermessensfehlerhaft.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2012 in Gestalt Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung eines Gründungszuschusses.
Der ... geborene Kläger ist gelernter Baufacharbeiter und bezog zuletzt seit dem 1. Januar 2012 Arbeitslosengeld, das ihm aufgrund eines Bescheides der Beklagten vom 23. Dezember 2011 für die Dauer von 360 Tagen bewilligt worden war.
Nach dem in der Verwaltungsakte der Beklagten ab dem Jahr 2005 enthaltenen Ausdruck zum Berufslebenslauf des Klägers war dieser zuvor ab dem Jahr 2006 mehrfach jeweils in der Wintersaison arbeitslos.
Am 19. März 2012 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Bereich Bau- und Montageservice am 1. Juni 2012.
Der Lotsendienst Märkisch-Oderland schätzte in seiner fachkundigen Stellungnahme vom 5. Juni 2012 ein, dass die Voraussetzungen für das Existenzgründungsvorhaben sowohl in fachlicher und branchenspezifischer Hinsicht als auch in kaufmännischer und unternehmerischer Hinsicht gegeben seien. Auch die Zulassungsvoraussetzungen (z.B. Konzession, Eintragung ins Handelsregister, in die Handwerksrolle u.ä.) seien erfüllt. In einer Potenzialanalyse und in einem Existenzgründer-Assessment sei die unternehmerische Eignung des Klägers festgestellt und eine weitere Betreuung in Form einer qualifizierten Beratung vereinbart worden. Darüber hinaus habe der Kläger am kaufmännischen Workshop für Existenzgründer beim Lotsendienst teilgenommen. Er sei auf seine Existenzgründung gut vorbereitet, kenne seine Rechte und Pflichten als Unternehmer und wisse, wie er bei der Gewinnung von Kunden vorgehe. In kaufmännischen Belangen nehme der Kläger die Unterstützung eines Steuerbüros in Anspruch. Die Existenzgründung des Klägers wurde durch den Lotsendienst als tragfähig eingeschätzt.
Darüber hinaus reichte der Kläger im Rahmen der Antragstellung seinen Businessplan, einen Lebenslauf, Zertifikate zu der Teilnahme an dem Assessment für Existenzgründerinnen und Existenzgründer und einem sich anschließenden Coaching, eine Bestätigung für die Anzeige beim zuständigen Gewerbeamt sowie die Gewerbeanmeldung vom 15. März 2012 bei der Beklagten ein.
Der zuständige Mitarbeiter der Beklagten schätzte in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2012 ein, dass die Förderung mit dem Gründungszuschuss nicht notwendig sei, weil regional Stellenangebot als Maurer bestünden und eine Integration im Angestelltenverhältnis sicher möglich gewesen wäre. Die Argumentation, dass der Kläger regelmäßig im Winter arbeitslos gewesen sei, könne nicht anerkannt werden, da es sich um eine witterungsbedingte Tätigkeit handele, die im Winter auch zur Arbeitslosigkeit führen könne. Durch eine Selbstständigkeit werde dies nicht ausgeschlossen, zumal die Erfahrung zeige, dass kaum ein Selbstständiger über umfangreiche Aufträge in den Wintermonaten verfüge.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 2012 die Gewährung eines Gründungszuschusses mit der Begründung ab, dass zwar die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 2 SGB III erfüllt seien, diese allein jedoch noch keinen Rechtsanspruch auf die Förderung der selbständigen Tätigkeit begründeten. Im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung sei auch der Vorrang der Arbeitsvermittlung in jedem Einzelfall zu berücksichtigen. Eine Förderung des Klägers mit Gründungszuschuss sei nicht notwendig, da regional Stellenangebote als Maurer bestünden und eine Integration im Angestelltenverhältnis möglich gewesen wäre. Im Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung der unterschiedlichen Gesichtspunkte sei eine nachhaltige Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Fall des Klägers ebenso Erfolg versprechend, wie die Förderung des Gründungsvorhabens mit dem Gründungszuschuss. Nach Abwägung des Förderaufwandes beim Einsatz des Gründungszuschusses und dem damit zu erreichenden Integrationserfolg sei unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Förderung durch den Gründungszuschuss für eine dauerhafte Eingliederung des Klägers nicht notwendig. Somit bestehe ein Vermittlungsvorrang. Die persönlichen Interessen des Klägers müssten gegenüber denen der Versichertengemeinschaft zurücktreten.
In seinem gegen diesen Bescheid am 13. August 2012 erhobenen Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass die von der Beklagten angeführten Versagungsgründe fehlerhaft seien. Die Aufnah...