Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. angemessene Unterkunftskosten. Nebenkosten. Kabelanschluss bzw Gemeinschaftsantenne bei Eigentumswohnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsprechung des BVerwG zu den so genannten "unausweichlichen Wohnnebenkosten" im Rahmen des BSHG gilt im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 weiter und ist auch auf Wohnungseigentümer, die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft sind, übertragbar.

2. Entstehen aufgrund eines Beschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung Kosten für einen Kabelanschluss oder eine Gemeinschaftsantenne, die anteilig auf alle Wohnungseigentümer umgelegt werden, ohne dass sich der einzelne Eigentümer einseitig von dieser Kostentragungspflicht befreien kann, kann er im Rahmen des Bezugs vom Arbeitslosengeld II die Berücksichtigung dieser Kosten als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB 2 verlangen.

3. Der Leistungsbezieher trägt die Beweislast dafür, dass er sich nicht von diesen Kosten befreien kann.

4. Ob der Wohnungseigentümer den Kabelanschluss oder die Gemeinschaftsantenne tatsächlich nutzt oder nicht, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 07.11.2006 sowie der Änderungsbescheid vom 12.12.2006, der Widerspruchsbescheid vom 29.12.2006 und der Änderungsbescheid vom 19.06.2007 werden dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II unter Berücksichtigung von weiteren Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 4,49 € für die Zeit vom 01.01. - 31.03.2007 zu gewähren.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 02.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2007 und des Änderungsbescheids vom 19.06.2007 wird dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II unter Berücksichtigung von weiteren Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 4,49 € für die Zeit vom 01.04. - 30.09.2007 zu gewähren.

3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klagen richten sich auf die Gewährung höherer laufender Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft.

Die ... geborene Klägerin bewohnt eine ca. 54 qm große Eigentumswohnung. An Nebenkosten für diese Wohnung hat sie als Mitglied der Eigentümergemeinschaft laut dem Wirtschaftsplan der mit der Verwaltung des Wohnhauses beauftragten Firma u. a. jährlich einen Betrag von 584,94 € als Instandhaltungsrücklage sowie von 53,85 € für einen Kabelanschluss zu entrichten.

Am 05.10.2006 beantragte die Klägerin erstmals bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld II. Diese Leistungen wurden ihr mit Bescheid vom 16.10.2006 für den Zeitraum vom 01.11.2006 - 31.03.2007 erstmals bewilligt. Im Rahmen der Kosten der Unterkunft berücksichtigte die Beklagte jedoch weder die Instandhaltungsrücklage noch die Kosten für den Kabelanschluss. Mit Änderungsbescheid vom 07.11.2006 bewilligte die Beklagte die laufenden Leistungen für den Zeitraum vom 01.01. - 31.03.2007 neu. Grund war eine Änderung der zu entrichtenden sonstigen Nebenkostenvorauszahlungen. Hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage und der Kosten des Kabelanschlusses nahm die Beklagte jedoch keine Änderung vor. Am 05.12.2006 legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie die Berechnung der Kosten der Unterkunft insgesamt beanstandete. Daraufhin änderte die Beklagte mit Bescheid vom 12.12.2006 die laufenden Leistungen für die Zeit vom 01.01. - 31.03.2007 erneut ab. Die Instandhaltungsrücklage und die Kosten für den Kabelanschluss wurden jedoch nach wie vor nicht in der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Die Klägerin erhielt ihren Widerspruch gleichwohl, insbesondere im Bezug auf die Übernahme der Instandhaltungsrücklage, aufrecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin als nach Erlass des Änderungsbescheids vom 12.12.2006 unbegründet zurück. Am 29.01.2007 hat die Klägerin deswegen Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben (Az. S 12 AS 567/07).

Mit Bescheid vom 02.04.2007 bewilligte die Beklagte die laufenden Leistungen für den Zeitraum vom 01.04. - 30.09.2007 weiter. Nach wie vor wurden die Instandhaltungsrücklage und die Kosten des Kabelanschlusses nicht in der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.04.2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. In dieser Sache hat die Klägerin am 07.05.2007 Klage beim Sozialgericht erhoben (Az. S 12 AS 2538/07).

Im Verlauf dieser beiden Klageverfahren änderte die Beklagte ihre Rechtsauffassung zu der Frage der Übernahmefähigkeit der Instandhaltungsrücklage dahingehend, dass diese nunmehr als Teil der berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft angesehen wurde. Mit Än...

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