Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes bei Bezug von Vorruhestandsgeld
Orientierungssatz
1. Unter Vorruhestandsgeld iS des § 142 Abs 4 SGB 3 fällt jede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer privatrechtlich vereinbarte Leistung, die in Form einer monatlichen Lohnersatzleistung an den Arbeitnehmer gezahlt wird, nachdem dieser aus dem Arbeitsleben ausgeschieden ist (vgl BSG vom 26.11.1992 - 7 RAr 46/92 = BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1). Auf die Bezeichnung der Leistung kommt es nicht an; entscheidend ist vielmehr, dass die Leistung gezahlt wird, weil der Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist. Sind sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber einig, dass der ausscheidende Arbeitnehmer weiterhin erwerbstätig sein kann oder sich ersatzweise arbeitslos melden kann, handelt es sich nicht um Vorruhestandsgeld.
2. Daran, dass keine Vorruhestandleistung vorliegt, ändert sich auch nichts dadurch, dass der Arbeitnehmer von der Regelung des § 428 SGB 3 Gebrauch gemacht hat.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Bezugs von Vorruhestandsgeld ruht.
Der Kläger war vom 01.10.1997 bis 31.10.2004 als Advisory IT Specialist bei der Firma I. Sch. in Z. beschäftigt. Aufgrund der Kündigung schlossen der ehemalige Arbeitgeber des Klägers und dieser einen Vertrag dahingehend, dass der Kläger von der Personalvorsorgestiftung seines ehemaligen Arbeitgebers bis zum Beginn der Altersrente eine sogenannte Vorruhestandsleistung in Höhe von monatlich 5.782,00 SFr. erhalten werde. Der Bezug dieser Leistungen wurde nicht mit einer Verpflichtung des Klägers verbunden, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden.
Am 01.11.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Arbeitslosengeld. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2004 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger würde wegen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben eine Rentenleistung erhalten, die mindestens 65 % des Bemessungsentgeltes entspreche. Deshalb würde der Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld ruhen.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 09.12.2004 Widerspruch ein. Es sei nicht vereinbart worden, dass der Kläger aus dem Erwerbsleben ausscheide und deshalb einen Ausgleich in Form von monatlichen Ersatzleistungen erhalten solle. Deshalb seinen die Zahlungen nicht als Vorruhestandsgeld zu behandeln.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Relevant sei die Zweckbestimmung der Leistung. Auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, sei diese Leistung daher als Vorruhestandsleistung zu betrachten. Nach den Leistungsbeschreibungen der Pensionskasse würde der Arbeitgeber bzw. die Personalvorsorgestiftung davon ausgehen, dass der Kläger mit der Kündigung aus dem Erwerbsleben ausscheide. Auch habe der Kläger gegenüber der Beklagten erklärt, Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III in Anspruch nehmen zu wollen - dies würde bedeuten, dass er nicht mehr arbeiten wolle. Unerheblich sei, ob die Leistungen vom Arbeitgeber selbst oder von seiner angeschlossenen Personalvorsorgestiftung gezahlt werden. Entscheidend sei hierbei, dass es sich um die Pensionskasse des privaten Arbeitgebers handele.
Gegen den Bescheid vom 23.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2004 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 03.02.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Seine Erklärung zu § 428 SGB III würde sich nur dahin auswirken, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt werde, nicht mehr jede Tätigkeit annehmen zu müssen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 23.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger antragsgemäß Arbeitslosengeld seit dem 01.11.2004 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Zeugenauskunft des ehemaligen Arbeitgebers (IBM Schweiz, Zürich). Hinsichtlich des Inhalts der Zeugenauskunft wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte der Beklagten (Nr.637D011947) und die Gerichtsakte (S 8 AL 379/05) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG statthaft. Sie ist auch begründet.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach § 142 Abs. 4 SGG III während der Zeit, für die der Arbeitslose wegen seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben Vorruhestandsgeld oder eine vergleichbare Leistungen des Arbeitgebers mindestens in Höhe von 65% des Bemessungsentgelts bezie...