Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft bei Ende der Versicherungspflicht
Orientierungssatz
Die Regelung des § 188 Abs 4 S 1 SGB 5 gilt für jedes Ende der Versicherungspflicht. Die eintretende Fortsetzung der Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung beim Fehlen einer Austrittserklärung innerhalb von zwei Wochen setzt den vorherigen Hinweis der Krankenkasse auf die Austrittsmöglichkeit voraus.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2017 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten am 30.06.2016 geendet hat.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist das Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten streitig.
Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtiges Mitglied. Die Beschäftigung endete zum 30.06.2016.
Mit Schreiben vom 19.07.2016, eingegangen bei der Beklagten am 27.07.2016 erklärte der Kläger seinen Austritt als Mitglied. Die Beklagte machte jedoch mit Bescheid vom 08.08.2016 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum ab dem 01.07.2016 unter Zugrundelegung von Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze geltend und forderte Beiträge zur Krankenversicherung von 635,63 € und Pflegeversicherung von 110,18 € monatlich.
Zur Begründung des gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, er habe trotz einer im Gesetz vorgesehenen Frist von 14 Tagen mit dem Schreiben vom 19.07.2016 wirksam den Austritt bei der Beklagten erklärt. Die Beklagte habe ihn nämlich über die Möglichkeit des Austritts entgegen der gesetzlichen Vorschrift nicht aufgeklärt.
Mit Bescheid vom 07.09.2016 setzte die Beklagte, nachdem der Kläger Auskunft zur Höhe seiner Einnahmen erteilt hatte, ab dem 01.07.2016 die Beiträge zur Krankenversicherung auf 145,25 € und zur Pflegeversicherung auf 25,18 € monatlich fest. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2017 zurück. Der Kläger sei im Zeitraum vom 01.07.2016 bis zum 30.09.2016 freiwilliges Mitglied bei ihr gewesen. Er habe nämlich den Austritt nach dem Ende der vorangegangenen Pflichtversicherung nicht innerhalb einer Frist von 14 Tagen erklärt. Deshalb habe sich die Pflichtversicherung als freiwillige Versicherung fortgesetzt. Die Kündigung der freiwilligen Versicherung sei erst zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats nach der Kündigung wirksam geworden. Die Frist zum Austritt, die das Gesetz nach dem Ende einer vorangegangenen Pflichtversicherung vorsehe, beziehe sich nur auf solche Sachverhalte, bei denen ein Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung in eine private Krankenversicherung stattfinde.
Deswegen hat der Kläger am 20.07.2017 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, nach der gesetzlichen Regelung müsse zwar der Austritt aus der Krankenkasse innerhalb von zwei Wochen nach dem Ende der vorangegangenen Pflichtversicherung erklärt werden. Der Lauf der Zweiwochenfrist setze jedoch einen vorherigen Hinweis der Krankenkasse auf die Austrittsmöglichkeit voraus. Weil der Hinweis nicht erfolgt sei, habe er auch noch mit dem Schreiben vom 19.07.2016 wirksam den Austritt erklären können.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Mitgliedschaft bei der Beklagten am 30.06.2016 geendet hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen.
Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Unrecht eine freiwillige Mitgliedschaft des Klägers bei ihr im Zeitraum vom 01.07.2016 bis zum 30.09.2016 angenommen und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gefordert. Eine freiwillige Mitgliedschaft ist bei der Beklagten aufgrund des Austritts des Klägers nicht begründet worden.
Nach § 223 Abs. 1 SGB V sind Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt. Eine Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten ist jedoch für den Zeitraum vom 01.07.2016 bis 30.09.2016 nicht begründet worden. Die aufgrund der Beschäftigung des Klägers begründete Pflichtversicherung endete nach § 190 Abs. 2 SGB V mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.06.2016. Nach § 188 Abs. 4 S. 1 SGB V setzt sich zwar für Personen, deren Versicherungspflicht endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Au...