Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Verteilung der Beitragslast. gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten auch bei Befreiung von der Versicherungspflicht als Landwirt
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall eines Haftungsbescheides nach § 70 Abs 1 S 2 ALG.
Orientierungssatz
Nach dem Wortlaut des § 70 Abs 1 ALG reicht für die gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten alleine der Status als Landwirt aus. Auf die Versicherungspflicht kommt es nicht an. Ohne Bedeutung ist es daher, wenn der Ehegatte als Landwirt von der Versicherungspflicht - aufgrund eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses - befreit gewesen ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung als Haftungsschuldnerin für die Beiträge ihres Ehemannes zur Landwirtschaftlichen Alterskasse.
Der Ehemann der Klägerin war landwirtschaftlicher Unternehmer, wobei die in seinem Eigentum stehenden Grundstücksflächen im Jahre 2007 über den Verkehrswert hinaus belastet waren. Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 2003 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Darüber hinaus bestanden bei der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung erhebliche Beitragsrückstände, die im Juni 2007 mehr als 46.000 € betrugen, davon 15.837,28 € bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse.
Die Klägerin ist als Hauswirtschaftsleiterin in einem Behindertenwohnheim tätig und bei der Deutschen Rentenversicherung sozialversichert. Sie ist seit dem 01.04.2004 von der Beitragspflicht zur Alterskasse befreit.
Mit Bescheid vom 03.03.2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, Beiträge vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2007, insgesamt 9.024,00 € zuzüglich 78,00 € Säumniszuschläge pro Monat ab dem 16.03.2008 zu zahlen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Ehemann der Klägerin nach § 1 ALG bzw. §§ 4, 5 ALG Versicherter der Landwirtschaftlichen Alterskasse sei und daher verpflichtet sei, die fälligen Beiträge zu zahlen.
Dieser Bescheid gehe an die Klägerin als Haftungsschuldner gem. § 70 Abs. 1 S. 1 ALG für die Beiträge ihres Ehegatten. Der Säumniszuschlag von einem Prozent pro Monat werde nach § 24 SGB IV erhoben für Beiträge, die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt seien.
Dagegen legte die Klägerin am 13.03.2008 Widerspruch ein.
Zur Begründung trug sie vor, dass es zwar zutreffend sei, dass sie Ehefrau eines Landwirts sei, jedoch sei sie nicht, wie dies § 70 Abs. 1 S. 1 ALG fordere, Haftungsschuldner für möglicherweise ausstehende Beiträge ihres Ehemannes. Es sei Tatsache, dass sie weder Landwirtin sei noch im Betrieb ihres Mannes mitarbeitende Angehörige. Für eine gesamtschuldnerische Haftung bestehe somit keine rechtliche Grundlage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Beitragspflicht der Klägerin aus § 70 Abs. 1 ALG in der seit dem 1. August 2004 geltenden Fassung ergebe. Diese Haftung erfasse alle Beitragsforderungen, die in der Zeit entstanden seien, in der beide Ehegatten Landwirte gewesen seien.
Der neugefasste § 70 ALG stelle nicht mehr auf die Versicherungspflicht des Ehegatten ab, sondern Ehegatten hafteten unabhängig davon, ob sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit gewesen seien, als Gesamtschuldner. Gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 ALG sei die Neufassung des § 70 Abs. 1 ALG ab dem Tag des In-Kraft-Tretens auch auf Beitragsrückstände, die vor der Rechtsänderung angelaufen seien, anzuwenden.
Bis zum 30.09.2007 sei der Ehemann der Klägerin landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG gewesen. Die Klägerin selbst als Ehefrau eines Landwirts gelte nach der Fiktion des § 1 Abs. 3 ALG als Landwirtin. Nach dem Wortlaut des § 70 Abs. 1 ALG reiche für die gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten alleine der Status als Landwirt aus. Auf die Versicherungspflicht komme es nicht an. Ohne Bedeutung sei es daher, dass die Klägerin als Landwirtin von der Versicherungspflicht - aufgrund ihres rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses - befreit gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin am 04.06.2008 Klage erhoben, ohne diese zu begründen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 03.03.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ihren Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 105 SGG.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 03.03.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2008 ist recht...