Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Pflegeversicherung. Ernährungspumpe. Pflegeheimbewohner. Leistungspflicht des Pflegeheims

 

Orientierungssatz

Ernährungspumpen erfüllen alle Voraussetzungen, um sie als Hilfsmittel der Sphäre der vollstationären Pflege und somit der Leistungspflicht der Pflegeheime zuzurechnen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen B 3 KR 67/01 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Kostenerstattung für eine Ernährungspumpe.

Die ....1915 geborene Klägerin wird im Seniorenzentrum R vollstationär gepflegt und erhält entsprechende Leistungen im Rahmen der Pflegeversicherung. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Herrn Dr. S sowie eines Kostenvoranschlages der Firma SMT S Medizintechnik wurde für die Klägerin bei der Beklagten am 15.06.2000 die Übernahme der Kosten für eine Ernährungspumpe beantragt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 06.07.2000 ab. Den Widerspruch vom 19.07.2000 wies der Widerspruchsausschuss mit Bescheid vom 03.05.2001 zurück. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss unter anderem aus, für die Versorgung von Pflegeheimbewohnern mit Hilfsmitteln, die für eine sachgerechte Pflege gewöhnlich im Heim erforderlich seien, habe nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.02.2000 -- B 3 KR 26/99 R -- grundsätzlich der Träger der Pflegeeinrichtung zu sorgen. Von dieser Regel ausgenommen seien nur solche Hilfsmittel, die individuell hergestellt oder so angepaßt würden, dass sie nur von einer Person genutzt werden könnten, wie z. B. Brillen, Hörgeräte usw., ferner solche Hilfsmittel, die nur bei für Pflegeheime untypischen Behinderungen benötigt würden. Darüberhinaus könne eine Leistungspflicht der Kasse dann in Betracht kommen, wenn das Hilfsmittel für regelmäßige Aktivitäten außerhalb des Heimes -- unabhängig vom Pflegepersonal -- benötigt werde. Eine Ernährungspumpe sowie dafür erforderliches Zubehör müßten nicht individuell angepaßt werden. Auch seien diese Hilfsmittel nicht für eine bei Pflegeheimbewohnern untypische Behinderung erforderlich. Es handele sich um ein vom Pflegeheim vorzuhaltendes Hilfsmittel. Die Entscheidung der Kasse stehe in Übereinstimmung mit der neueren sozialgerichtlichen Rechtsprechung, wie z. B. dem Urteil des SG Düsseldorf vom 19.02.2001 -- S 1 KR 55/00 .

Die hiergegen erhobene Klage ist am 05.06.2001 bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe ihr die Kosten der zwischenzeitlich am 11.07.2000 gelieferten Ernährungspumpe in Höhe von DM 2019,08 zu erstatten.

Der Anspruch auf Zurverfügungstellung dieses Hilfsmittels durch die Krankenkasse sei durch die Vorschrift des§ 33 Abs. 1 SGB V begründet und scheitere auch nicht deshalb, weil eine vorrangige Leistungspflicht des Pflegeheimes bestehen könnte. Das BSG habe zwar mit verschiedenen Urteilen vom 10.02.2000 die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der Versorgung Pflegebedürftiger in stationären Einrichtungen mit Rollstühlen eingeschränkt, was die Beklagte und andere Kassen verleitet habe, die Versorgung von Heimbewohnern mit diversen Hilfsmitteln in den Pflichtenkreis des Heimträgers abzuschieben. Dabei werde jedoch verkannt, dass sich das BSG in den Entscheidungen ausschließlich mit der Rollstuhlversorgung von Heimbewohnern befaßt habe, nicht jedoch mit der Versorgung mit sonstigen Hilfsmitteln.

Die vom BSG vorgenommene Prüfung in Bezug auf die Sphäre des Heimes sei bei sorgfältiger Auslegung des Urteils unter die Tatbestandsvoraussetzung "Erforderlichkeit" zu subsummieren. Es bestehe nur dann ein Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung auf Versorgung mit Hilfsmitteln, wenn diese "im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen" (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V ). Genau diese Voraussetzung sei bei den klassischen Pflegehilfsmitteln, die das BSG von den sonstigen Hilfsmitteln im Sinne des§ 33 SGB V offensichtlich abgrenzen wollte, nicht erfüllt. Der Rollstuhl, der nach den Ausführungen des BSG vom Heim vorzuhalten sei, diene nämlich nicht der Krankenbehandlung oder dem Behinderungsausgleich, sondern nur der Erleichterung der Pflege und sozialen Betreuung des jeweiligen Heimbewohners. Demgegenüber habe des BSG klargestellt, dass für individuell angepaßte Rollstühle, die sachlogisch wieder einer Krankenbehandlung dienen müssten, weiterhin "stets die Krankenkassen zuständig" sind. Die vom BSG als "Anhaltspunkt für die von den zugelassenen Pflegeheimen vorzuhaltenden Hilfsmittel" angeführte gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände von 26.05.1997 könne nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme der Spitzenverbände vom 26.05.1998 betrachtet werden. Dabei falle sodann jedoch auf, dass auch solche Hilfsmittel nicht von den Heimen vorzuhalten seien, die "ausschließlich von dem einzelnen Versicherten eigenständig genutzt werden". Damit fielen aber Ernährungspumpen nach wie vor in die Leistungspflicht der ...

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