Entscheidungsstichwort (Thema)

Fiktion der Genehmigung eines Antrags auf Versorgung mit einem Hilfsmittel bei Versäumung der Bescheidungsfrist durch den Krankenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Neben dem in § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5 geregelten Anspruch auf Kostenerstattung unterfällt auch ein bestehender Sachleistungsanspruch der Genehmigungsfiktion, wenn der Träger der Krankenversicherung weder die Frist von drei bzw. von fünf Wochen zur Bescheidung eingehalten hat. Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Die Intention des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, würde durch eine nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen unterlaufen.

2. Als von § 13 Abs. 3a SGB 5 erfasste Sozialleistungen sind Hilfsmittel nach § 33 SGB 5 im Gemeinsamen Rundschreiben ausdrücklich benannt. Hierzu gehört u. a. die Versorgung eines behinderten Versicherten mit einem Speedy-Elektra 2-Zuggerät.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2014 verurteilt, den Kläger mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät zu versorgen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Versorgung des Klägers mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät.

Den entsprechenden Antrag stellte der am 00.00.0000 geborene Kläger bei der Beklagten am 20.12.2013 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags für die Versorgung in Höhe von 7.537,59 EUR. Nach einer Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) nach Hausbesuch am 17.03.2014 lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 29.03.2014 ab, da ein konventionelles Schubgerät oder ein Elektrorollstuhl ausreichend und zweckmäßig seien, da die Wohnung mit dem vorhandenen Adaptivrollstuhl verlassen werden könne und das Zuggerät für größere Strecken benötigt werde, da das Auto verkauft werde.

Hiergegen erhob der Kläger am 02.05.2014 Widerspruch und machte geltend, durch das begehrte Hilfsmittel werde ein Umsetzen vom Adaptivrollstuhl in einen Elektrorollstuhl entbehrlich. Das Zuggerät könne man abkoppeln und dann den Adaptivrollstuhl wie gewohnt nutzen. Insoweit stehe ihm ein Wahlrecht zu. Mit Bescheid vom 21.08.2014 hat der Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers abgewiesen. Die Leistungsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V lägen für das begehrte Hilfsmittel nicht vor. Die Versorgung des Klägers könne vielmehr durch den vorhandenen Adaptivrollstuhl oder die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls sichergestellt werden.

Die hiergegen gerichtete Klage ist am 10.09.2014 bei Gericht eingegangen.

Der Kläger ist der Auffassung, das beantragte Hilfsmittel stehe ihm zu, da es sich hierbei um das im Einzelfall erforderliche Hilfsmittel zur Aufrechterhaltung seiner Mobilität im Nahbereich im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BSG handle. Dies aber müsse durch die Beklagte sichergestellt werden. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 3 a SGB V vor. Antragseingang sei der 20.12.2013 gewesen. Die ablehnende Entscheidung datiere vom 29.03.2014. Folglich habe die Beklagte weder die Frist von 3 noch die Frist von 5 Wochen eingehalten. Da auch keine anders lautende Zwischennachricht erfolgt sei, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Der Kläger habe sich die Leistung nicht selbst beschafft. Für die Genehmigungsfiktion komme es hierauf nicht an. Neben dem in § 13 Abs. 3 a SGB V geregelten Anspruch auf Kostenerstattung unterfalle auch ein bestehender Sachleistungsanspruch der Genehmigungsfiktion. Insoweit sei auf die Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NRW vom 23.05.2014 (L 5 KR 222/14 B ER) zu verweisen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und vertritt darüber hinaus die Auffassung, hier sei nicht allein maßgeblich, dass die Fristen des § 13 Abs. 3 a SGB V abgelaufen seien, denn allein die Erfüllung dieser Voraussetzungen begründe noch keinen Anspruch aus einer fingierten Genehmigung gem. § 13 Abs. 3 a S. 6 SGB V. Von der Fiktionswirkung seien nur solche beantragten Leistungen erfasst, die die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Wie bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt, sei das beantragte Speedy-Elektra 2 Zuggerät nicht erforderlich, um eines der Ziele des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V zu erreichen. Danach folge auch kein Anspruch gem. § 13 Abs. 3 a SGB V. Insoweit sei auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 26.05.2014 (L 16 KR 154/14 B ER und L 16 KR 155/14 B) zu verweisen. Aus der Neuregelung folge hiernach nicht, dass eine nicht dem Qualitätsgebot und dem Wirtschaftlichkeitsgebot en...

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