Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensaussetzung bei anhängigen Musterverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aussetzung eines Verfahrens ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren zulässig, wenn Musterverfahren über dieselbe hoheitliche Maßnahme anhängig sind. Diese Voraussetzung ist beim Streit um den Gefahrtarif einer BG, über den zahlreiche Verfahren und mehrere Musterverfahren anhängig sind, erfüllt.

 

Nachgehend

Hessisches LSG (Beschluss vom 27.09.2001; Aktenzeichen L 3 B 73/01 U)

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

 

Gründe

Mit der vorliegenden Klage wendet sich das klagende Zeitarbeitsunternehmen ebenso wie über 40 andere Zeitarbeitsunternehmen in Parallelverfahren bei anderen Sozial- und Landessozialgerichten, die zu ca. 1/3 denselben Prozessbevollmächtigten wie die Klägerin haben, gegen die Beitragsveranlagung durch die Beklagte aufgrund deren Gefahrentarifs 1998.

Nach § 114 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung einer Verwaltungsstelle auszusetzen sei, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist. Diese Vorschrift ist in Anlehnung an § 93 a Verwaltungsgerichtsordnung ausnahmsweise analog anzuwenden, wenn ein oder mehrere Musterverfahren über dieselbe hoheitliche Maßnahme anhängig sind, so dass kein besonderes berechtigtes Interesse der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens an einer baldigen Entscheidung besteht, und Gründe der Prozess-Ökonomie vielmehr für eine Aussetzung sprechen (vgl. im Übrigen Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 6. A. 1998, § 114 Rn. 7a f. mit weiteren Nachweisen und Überlegungen).

Nach diesen Voraussetzungen ist das vorliegende Verfahren auszusetzen, weil in ihm ebenso wie in den zahlreichen Anderen nur um die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Gefahrentarifs 1998 der Beklagten und dessen Anwendbarkeit auf Zeitarbeitsunternehmen gestritten wird. Individuelle Gesichtspunkte hinsichtlich des klagenden Unternehmens sind nicht vorgebracht worden und von Amts wegen nicht zu erkennen. Die zahlreichen Parallelverfahren, die im Übrigen schon teilweise in der zweiten Instanz anhängig sind und an denen die Klägervertreter, wenn auch als Prozessbevollmächtigte für andere Zeitarbeitsunternehmen beteiligt sind, ergeben sich aus der von der Beklagten übersandten Übersicht. Dass es angesichts des erheblichen Arbeitsumfangs des unterbreiteten Streitgegenstandes und der vorgetragenen Argumentation nicht prozess-ökonomisch ist, das vorliegende Verfahren weiter voranzutreiben, zumal die Kammer mit zahlreichen weiteren schwierigen und älteren Verfahren unter Anderem aus dem Berufskrankheiten-Recht belastet ist, bedarf keiner weiteren Begründung und wurde im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs dargelegt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI6979503

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