Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit eines Arztes für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE). Durchführung von Erstuntersuchungen und Infektionsschutz. Vereinbarung. Auftragsverhältnis. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Orientierungssatz
Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als Arzt für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE), die im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung für Ausländer Erstuntersuchungen und Aufgaben des Infektionsschutzes durchführt (hier: abhängige Beschäftigung).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für den Kläger in der Zeit vom 11.10.2015 bis 24.10.2015 erbrachte Tätigkeit als Ärztin.
Die Beigeladene ist Ärztin und war am 11.10.2015 und 24.10.2015 für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE) als Ärztin auf der Grundlage eines als „Vereinbarung" überschriebenen Vertrags tätig. Während ihrer Tätigkeit übernahm sie Aufgaben im Bereich der Erstuntersuchung von Personen, die in der HEAE untergebracht waren. Die Vereinbarung vom 16.11.2015 lautete wie folgt:
„§ 1 Vertragsgegenstand und Status des Vertragspartners
(1) Der/Die Vertragspartner/in erbringt medizinische Dienstleistungen im Auftrag der HEAE im C-Straße, C-Stadt und in den jeweiligen Außenstellen in freiberuflicher Tätigkeit im Bedarfsfalle. Er/Sie ist nicht in die Arbeitsorganisation der HEAE eingegliedert. Das Entgelt erfolgt fallbezogen. Die Dienstleistungen unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Kranken-und Rentenversicherung).
(2) Die nachfolgende Vereinbarung regelt für den Fall eines Einsatzes die Rahmenbedingungen.
(3) Der/Die Vertragspartner/in legt als Nachweis über die Zulassung zur Berufsausübung eine Kopie der Approbationsurkunde vor.
§ 2 Leistungen des Vertragspartners während der vereinbarten Einsatzzeit
(1) Der/Die Vertragspartner/in übernimmt die ambulante medizinische Versorgung für Ausländer, die in der HEAE untergebracht sind, im Rahmen der Vorgaben nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz (Anlage 1).
Dazu gehört
• die Behandlung von Krankheiten, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Verletzungen, soweit dies ambulant möglich ist,
• Anordnung von Überweisungen an Fachärzte bzw. Einweisungen in Kliniken
• Dokumentation aller ärztlichen Leistungen (in der Patientendatei der HEAE) unter Beachtung des Datenschutzes.
(2) Er/Sie übernimmt zudem Aufgaben, die sich maßgeblich aus den § 62 Asylverfahrensgesetz sowie § 36 Infektionsschutzgesetz und der dazu jeweils getroffenen Erlassregelungen des Hess. Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit (zurzeit Erlass vom 04.02.2009 Az.: IV 6 A 58 a 0101-0002/2008/001 -StAnz. 2009 S. 544- Anlage 2) zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ergeben.
Die Erstuntersuchung beinhaltet gemäß beigefügtem Erlass über die ärztliche Untersuchung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und anderen Personen nach Einreise in Hessen vom 04.02.2009 (siehe Anlage 2)
1. Aufnahme und Dokumentation der bestehenden Medikation
2. Rezeptur der notwendigen Medikation
3. Anamnese, Diagnostik und Dokumentation einer akut beklagten Erkrankung.
Während der Erstuntersuchung erbrachte Ambulanzleistungen werden nicht zusätzlich vergütet. Ausgenommen von der Erstuntersuchung sind die Röntgenuntersuchungen. Erforderlichenfalls hat der/die Vertragspartner/in alle erforderlichen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz einzuleiten.
(3) Der/Die Vertragspartner/in führt die vertraglichen Leistungen zeitlich nach Vereinbarung durch.
(4) Ein Not- oder Bereitschaftsdienst des/der Vertragspartners/in außerhalb der vereinbarten Präsenzzeiten ist nicht vorgesehen.
§ 3 Leistungen der HEAE
(1) Die HEAE stellt dem/der Vertragspartner/in adäquate Räumlichkeiten, Geräte, Inventar, Verbandsstoffe u.ä., sowie Medikamente und Impfstoffe zur Durchführung medizinischer Untersuchungen und der medizinischen Versorgung kostenfrei bereit.
(2) Die HEAE trägt neben den Mietkosten für die Räume auch die Kosten der Instandhaltung, der Energieversorgung und der Müllentsorgung sowie der Reinigung.
(3) Ebenso stellt die HEAE Hilfspersonal zur Vor- und Nachbereitung sowie zur Durchführung der Sprechstunden.
(4) Die HEAE besorgt nach Ausstellen einer ärztlichen Verordnung durch den/die Vertragspartner/in nicht vorrätige notwendige Medikamente und Verbandsmittel zur Behandlung von Patienten.
(5) Die HEAE übernimmt eventuell entstehende Kosten für zusätzliche externe ärztliche oder technische Untersuchungs- und Behandlungsleistungen (z.B. Röntgen).
§ 4 Entgelt und Abrechnung
(1) Zur Vereinfachung der Abrechnung werden Fallpauschalen für die Erstuntersuchung sowie ambulante B...