Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Anspruch auf Krankengeld. Meldung der Arbeitsunfähigkeit als Zahlungsvoraussetzung. Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Meldung bei wiederholter Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf Krankengeld ruht nur dann wegen nicht rechtzeitig erfolgter Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse, wenn der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit im betreffenden Zeitraum nicht bekannt ist. Erfolgte bei wiederholter Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit eine erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit noch vor Ablauf eines bei der Krankenkasse angezeigten Zeitabschnitts, kommt es für die rechtzeitige Meldung deshalb nicht auf den Tag der Ausstellung der Arbeitsunfähigkeit, sondern auf das Ende des bisher bescheinigten Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit an.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.11.2018; Aktenzeichen B 3 KR 25/18 B)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2016 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 07.05.2016 bis 12.05.2016 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Krankengeld nach §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) für die Zeit vom 07. bis 12.05.2016 in Höhe von 71,42 € brutto bzw. 62,58 € netto kalendertäglich.

Der Kläger (geb. 1971) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 28.07.2015 erkrankte er arbeitsunfähig. Ab dem 08.09.2015 bezog er - mit Ausnahme des streitigen Zeitraums - Krankengeld bis zum Ablauf der Höchstanspruchsdauer am 23.01.2017. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand im streitigen Zeitraum fort.

Durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen lagen zunächst bis zum 06.05.2016 vor, zuletzt festgestellt durch den behandelnden Hausarzt B. am 14.04.2016. Diese Bescheinigung ging am 21.04.2016 bei der Beklagten ein. Am 04.05.2016 attestierte der behandelnde Hausarzt weitere Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.05.2016. Diese Bescheinigung ging gemäß Eingangsstempel am 13.05.2016 bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 15.08.2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld vom 07.05.2016 bis 12.05.2016 ab unter Bewilligung für den übrigen Monat Mai 2016. Zur Begründung führte sie aus, die Meldung für den Zeitraum der Ablehnung sei nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung am 04.05.2016 erfolgt. Der Anspruch auf Krankengeld ruhe deswegen bis zur Nachholung der Meldung am 13.05.2016.

Den am 14.09.2016 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass sich aus dem Gutachten des SMD in Bad Homburg vom 31.03.2016 eine fortbestehende erhebliche Gefährdung bzw. Minderung seiner Erwerbsfähigkeit ergebe. Mit Blick hierauf hätte der Beklagten die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bekannt sein müssen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2016 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 09.12.2016 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Er macht geltend, dass § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V dem Zweck diene, den Krankenkassen eine zeitnahe Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit bzw. Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung zu ermöglichen und Leistungsmissbrauch entgegenzutreten. Das Gutachten habe auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgesehen. Wegen der innerbetrieblichen Umsetzung habe die Beklagte den Arbeitgeber des Klägers angeschrieben und erst im Juli 2016 dessen abschließende Antwort erhalten. Deshalb habe die Beklagte durchgehend von Arbeitsunfähigkeit ausgehen müssen. Leistungsmissbrauch liege damit nicht vor.

Nach dem vom Gericht beigezogenen Gutachten des SMD vom 31.03.2016 konnte trotz erfolgter stationärer medizinischer Rehabilitation und versuchter stufenweiser Wiedereingliederung keine ausreichende Stabilisierung für die letzte Tätigkeit als Verwaltungsangestellter erreicht werden, so dass sich die Notwendigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne einer innerbetrieblichen Umsetzung ergebe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2016 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 07.05.2016 bis 12.05.2016 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag des Klägers war dahin auszulegen, dass der Bescheid der Beklagten vom 15.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2016 abgeändert anstatt aufgehoben werden soll. Denn der Kläger begehrt vom 07.05.2016 bis 12.05.2016 Kranken...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge