Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Auskunftsverlangens des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Partner eines Leistungsberechtigten
Orientierungssatz
1. Nach § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB 2 hat, wenn Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen ist, dieser Partner dem Grundsicherungsträger auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zu dessen Aufgabendurchführung erforderlich ist.
2. Der Leistungsträger kann von einem Partner, der selbst keine Leistungen beantragt, nach § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB 2 nur die Erteilung von Auskünften, nicht aber die Vorlage von Belegen verlangen (Anschluss BSG Urteil vom 24. 2. 2011, B 14 AS 87/09 R).
3. Bei einem Auskunftsverlangen handelt es sich regelmäßig um einen einheitlichen Verwaltungsakt; infolgedessen kann ein solcher nicht lediglich teilweise rechtswidrig sein. Strebt der zur Auskunftserteilung aufgeforderte Partner nicht selbst die Bewilligung von Leistungen des SGB 2 an, so ist dieser zur Vorlage von Unterlagen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht verpflichtet.
Tenor
1. Der Bescheid vom 10.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2014 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen ein Auskunftsverlagen des Beklagten.
Der Kläger und die zu diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Frau C. bilden nach Auffassung des Beklagten seit Sommer 2014 eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Unter dem 19.09.2014 richtete der Beklagte an den Kläger eine Aufforderung zur Mitwirkung:
"Sie haben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen.
Es ist zu überprüfen, ob und inwieweit für Sie und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ein Anspruch auf Leistungen besteht beziehungsweise bestanden hat.
Folgende Unterlagen beziehungsweise Angaben werden hierzu noch benötigt:
- von Ihnen vollständig ausgefüllte Anlage WEP, KdU, EK und VM mit den dazugehörigen Unterlagen
Bitte reichen Sie diese bis 06.10.2014 ein."
Dem Schreiben waren das Formblatt "Anlage WEP zur Eintragung für eine weitere Person ab 15 Jahren in der Bedarfsgemeinschaft", das Formblatt "Anlage VM zur Feststellung der Vermögensverhältnisse der Antragstellerin/des Antragstellers und der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen", das Formblatt "Anlage EK zur Feststellung der Einkommensverhältnisse jeder in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Person" sowie das Formblatt "Anlage KdU zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung" beigefügt.
Mit weiterem Schreiben vom 17.10.2014 erinnerte der Beklagte den Kläger zur Aufforderung zur Mitwirkung. Hierzu äußerte sich der Kläger unter dem 17.10.2014. Er bestritt, dass eine Bedarfsgemeinschaft mit Frau C. bestehe.
Mit Bescheid vom 10.11.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, ihm bis zum 27.11.2014 Auskunft zu geben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Hierzu sollte der Kläger Anlage EK vollständig ausgefüllt mit Einkommensnachweisen in Form von Lohnabrechnung, Anlage VM vollständig ausgefüllt mit Angaben zu Kapitalanlagen und Anlage KdU vollständig ausgefüllt übersenden.
Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2014 Widerspruch ein: Er habe zu keinem Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezogen, noch habe er dieses beantragt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Klage vom 30.12.2014.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, Frau C. sei lediglich die Mieterin. Es handele sich um ein Zusammenleben auf Probe und lediglich um eine Partnerschaft im Sinne einer Haushaltsgemeinschaft. Die Rechtsfolgen des § 60 Abs. 4 SGB II seien nicht erfüllt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 10.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Zur Begründung seines Antrags bezieht er sich ergänzend auf seinen Schriftsatz vom 04.03.2015.
Dem Gericht lagen die Akten des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig (§§ 87, 90, 92 SGG).
Sie ist auch begründet.
Der Bescheid vom 10.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2014 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG.
Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II hat, wenn Einkommen oder Vermögen der Partnerin oder des Partners zu berücksichtigen sind, dieser Partner der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist.
Die Regelung ist Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines Verwaltungsaktes (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.04.2007, L 13 AS 40/07 ER; Meyerhoff in: Schlegel/...