Entscheidungsstichwort (Thema)
Hörgeräteversorgung. Küchenleiter. besonders gute Hörfähigkeit. Rentenversicherungsträger. höherwertiges Hörgerät
Leitsatz (amtlich)
1. Der Leiter einer Küche ist in seinem Beruf auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen.
2. Ist diese behinderungsbedingt nicht vorhanden und lässt sie sich auch nicht durch ein Hörgerät zum Festbetrag herstellen, kann der Rentenversicherungsträger verpflichtet sein, die von der Krankenkasse nicht übernommenen Kosten für ein höherwertiges Hörgerät zu übernehmen, wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit erhalten werden kann.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2011 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rehabilitationsleistungen durch die Übernahme der Kosten eines Hörgerätes der Marke Siemens Pure 701 abzüglich der von der Beigeladenen im Rahmen der Festbetragsregelung bewilligten Leistung zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten im notwendigen Umfange zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, dem Kläger Rehabilitationsleistungen in Form eines digitalen Hörgerätes zu gewähren.
Der 1961 geborene Kläger ist von Beruf Koch und seit dem 01.06.2011 als Küchenleiter beschäftigt. Er leidet an einer rechtsseitigen Taubheit und linksseitigen 30%igen Schwerhörigkeit. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung von 70 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Nachteilsausgleich “RF„ (Rundfunk- und Fernsehgebührenfreiheit) anerkannt.
Am 16.02.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Hörhilfe. Dem Antrag fügte er einen Arztbrief der HNO-Gemeinschaftspraxis XX vom 14.02.2011 bei, aus dem hervorgeht, dass von dort eine Hörgeräte-Verordnung links ausgestellt wurde.
Mit Bescheid vom 25.02.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab und begründete dies damit, der Kläger sei angesichts der bestehenden Hörschädigung generell auf das Tragen einer Hörhilfe aus medizinischen Gründen angewiesen. Er benötige damit dieses Hilfsmittel im privaten wie auch im beruflichen Lebensbereich. Bei der Versorgung des Grundbedarfes handele es sich um eine Krankenbehandlung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei daher ausreichend. Die Anforderungen in der Berufstätigkeit des Klägers ließen keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen. Persönliche oder telefonische Kommunikation, im Zweier- oder Gruppengespräch, auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen, mit hohen Anforderungen an das Verstehen sowie störende Umgebungsgeräusche am Arbeitsplatz stellten Anforderungen an das Hörvermögen dar, die auch im täglich Leben sowie nahezu bei jeder Berufsausübung bestünden. Sollten die von der Krankenkasse geförderten Hörgeräte die im Berufsleben üblichen Höranforderungen nicht erfüllen, sei dies dort unter dem Aspekt der medizinischen Grundversorgung zu überprüfen. Eine Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers folge daraus nicht. Es könne auch kein Rehabilitationsbedarf im Sinne der Leistung zur Teilhabe nach den Vorschriften anderer Rehabilitationsträger festgestellt werden.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, ohne die Hörhilfe habe er keine Chance, den Anforderungen in seinem Beruf auch nur annähernd gerecht zu werden. In einer Großküche in Leitungsfunktion sei es eine Grundvoraussetzung, dass man sein Umfeld wahrnehmen und z. B. auf die Signale von Geräte hören könne, die sich permanent durch Klingeltöne oder ähnliches meldeten, wenn z. B. die Garzeiten beendet seien. Wenn man in einer modernen Großküche nicht ständig in der Lage sei, diese Geräte zu bedienen - und das gehe zu 100% über den Faktor Hören - stelle dies nur eines von vielen Problemen im Arbeitsalltag dar, in dem man dann ein isolierter Fremdkörper sei. Ohne Hörgeräteversorgung hätte er in keinem Betrieb eine dauerhafte Chance.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011 zurück.
In dem Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, bei der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeit als Küchenleiter bestünden keine speziellen beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen, die eine Hörgeräteversorgung über die durch die gesetzliche Krankenversicherung zu leistende medizinische Grundversorgung erforderten. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Der Kläger hat am 24.06.2011 Klage erhoben und am 23.08.2011 einen Antrag bei der Beigeladenen auf eine Hörgeräteversorgung gestellt. Die Beigeladene erklärte sich bereit, Kosten entsprechend dem Vertrag zwischen ihr und der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker in Höhe von 553,50 EUR zu zahlen. Die Übernahme darüber hinausgehender Kosten lehnte sie mit Bescheid vom 13.11.2011 und Widerspruchsbescheid vom 24.02.2012 ab. Das dagege...