Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Vergütung. Beurteilungsspielraum. Schiedsamt. Erhöhung. Mindestpunktwert. Beteiligung. KÄV. Finanzierung. Budgetaufstockung

 

Orientierungssatz

1. Die Grenzen des Beurteilungsspielraums eines Schiedsamtes sind ua dann nicht eingehalten, wenn es seiner Entscheidung eine bestimmte Gewichtung der maßgeblichen Kriterien für eine Vergütungsvereinbarung zugrunde legt, die mit dem Gesetz nicht im Einklang steht (vgl BSG vom 10.5.2000 - B 6 KA 20/99 R = BSGE 86, 126 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37).

2. Eine Erhöhung des in Art 11 Abs 2 PsychThG/SGB5uaÄndG bestimmten Mindestpunktwerts ist nicht zulässig, andererseits kommt die Beteiligung einer Kassenärztlichen Vereinigung an der Finanzierung der aus der Begrenzung der dort festgelegten Punktwertdifferenz resultierenden Aufstockung des Budgets nicht in Betracht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.04.2004; Aktenzeichen B 6 KA 62/03 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Finanzierung des Ausgabenvolumens für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Jahr 1999.

Im Gesamtvergütungsvertrag vom 25. März 1999 vereinbarten die Klägerin und die beigeladenen Ersatzkassenverbände für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Jahre 1999 einen Gesamtvergütungsanteil in Höhe von 6.557.851,02 DM. Grundlage der Ermittlung des Finanzierungsbedarfs waren die die Höhe des von den Krankenkassen zu entrichtenden Ausgabenvolumens für psychotherapeutische Leistungen im Jahr 1999 regelnden Vorschriften des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur Änderung des 5. Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.06.1998 (BGBl. I S. 1311 -- EinfG-PsychThG --) und des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität der gesetzlichen Krankenversicherung -- GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3853 -- GKV-SolG --). In Anlehnung an eine "Bundesempfehlung nach § 86 SGB V über die angemessene Veränderung der Gesamtvergütungen zur Anwendung von Artikel 11 Psychotherapeutengesetz im Jahr 1999 "(DÄ vom 8. Januar 1999, A-87) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen vereinbarten die Klägerin und die beigeladenen Ersatzkassenverbände im Hinblick auf die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den ersten beiden Quartalen 1999 einen vorläufigen Auszahlungspunktwert von 6,6 Pfennigen.

Nachdem nach Ablauf des ersten Halbjahres 1999 bereits 66 % des vereinbarten Ausgabenvolumens für psychotherapeutische Leistungen ausgeschöpft war, zeichnete sich ab, dass die Beibehaltung des für die ersten beiden Quartale vereinbarten Punktwertes nicht mit den vorhandenen Finanzmitteln abgedeckt werden konnte. Nach Berechnungen der Beigeladenen ergab sich für das 2. Halbjahr 1999 im Ersatzkassenbereich bei Zugrundelegung der Leistungsmenge des ersten Halbjahres ein rechnerischer Auszahlungspunktwert von 3,38 Pfennigen.

Die nachfolgenden Verhandlungen zwischen Klägerin und den Beigeladenen blieben ohne Erfolg. In einer Vereinbarung zwischen dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (TMSFG) vom 26. November 1999 verpflichteten sich die Klägerin und die Beigeladenen schließlich zu einer Zahlung von je einer Million DM, um die Auszahlung des für die ersten beiden Quartale des Jahres 1999 vereinbarten Punktwerts auch im zweiten Halbjahr sicherzustellen. Unbeschadet dessen sollte das TMSFG umgehend das Schiedsamt zwecks abschließender Klärung der Nachfinanzierung anrufen und die aufgrund dieser Vereinbarung geleisteten Zahlungen zwischen den Beteiligten gegebenenfalls verrechnet werden. Nachfolgend machten die beigeladenen Ersatzkassenverbände von dem in der Vereinbarung den Beteiligten eingeräumten Widerrufsrecht Gebrauch.

Das TMSFG beantragte unter dem 9. Dezember 1999 mit Wirkung für die Klägerin und die beigeladenen Ersatzkassenverbände sowie die Verbände der Primärkassen beim Beklagten die Festsetzung des Vertragsinhalts über die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Jahr 1999. Zur Begründung wies es darauf hin, dass der in Artikel 11 Abs. 2 des EinfG-PsychThG festgelegte Schwellenpunktwert für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nunmehr um mehr als 10 v.H. unterschritten sei, ohne dass die Vertragsparteien "geeignete Maßnahmen" im Sinne dieser Vorschrift zur Begrenzung der Punktwertdifferenz getroffen hätten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere dem Regelungsinhalt des Art. 11 des EinfG-PsychThG sowie des Art. 14 des GKV-SolG sei eine vorrangige Nachschusspflicht der Krankenkassen gegeben; eine Mitwirkung der Klägerin sei jedoch rechtlich möglich und keinesfalls ausgeschlossen, denn das Gesetz verbiete in Art. 14 Abs. 3 GKV-SolG lediglich die Verwendung von Ausgabenvolumina für psychotherapeutische Leistungen für die übrigen Leistungsbereiche, nicht jedoch den umgekehrten Vorgang.

Durch Schiedsspruch vom 17. Februar 2000 stellte der Beklagte fest, dass der f...

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