Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenberechnung. Vorausbescheinigung. Hochrechnung nach § 194 Abs 1 SGB 6. beitragspflichtige Einnahmen
Leitsatz (amtlich)
Umfassende Aufklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers zum Hochrechnungsverfahren.
Orientierungssatz
Wird ein Rentenantragsteller vom Rentenversicherungsträger über das Hochrechnungsverfahren nach § 194 Abs 1 iVm § 70 Abs 4 SGB 6 fehlerhaft aufgeklärt, kann ihm aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches die Zahlung der Altersrente unter Berücksichtigung der höheren tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen zustehen (vgl BSG vom 12.12.2011 - B 13 R 29/11 R = BSGE 110, 8 = SozR 4-2600 § 194 Nr 1).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 wird geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.11.2011 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung des im Zeitraum 01.08. bis 31.10.2011 erzielten tatsächlichen Einkommens von 13.285 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Altersrente.
Der 1949 geborene Kläger beendete im Juli 1966 seine Schulausbildung und war ab September 1966 versicherungspflichtig beschäftigt. Im April 2006 schloss er mit seinem Arbeitgeber, der Firma L. Z., eine Altersteilzeitvereinbarung im sogenannten Blockmodell mit einem Beendigungszeitpunkt zum 31.10.2011.
Am 05.07.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten in der Auskunfts- und Beratungsstelle in N. die Zahlung einer Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Rentenbeginn ab dem 01.11.2011. Hierbei unterschrieb er die Erklärung zur Einwilligung in ein Hochrechnungsverfahren, wodurch die Beklagte ermächtigt wurde, frühestens drei Monate vor Rentenbeginn eine Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume vom Arbeitgeber anzufordern und eine Hochrechnung der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für einen Zeitraum von maximal drei Monaten bis zum Rentenbeginn durchzuführen. Ferner enthielt die Erklärung den Hinweis, dass diese Entgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden und dass dem Kläger bekannt sei, dass kurzfristige Unterbrechungen der Beschäftigung im letzten Jahr von weniger als einem Kalendermonat sowie Sonderzahlungen in den letzten Monaten bis zum Rentenbeginn, die über die regelmäßigen Einmalzahlungen (wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) hinausgehen, bei der Hochrechnung der Arbeitsentgelte nicht berücksichtigt werden könnten. Sofern die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen von den hochgerechneten Beträgen abweichen würden, könnten diese erst bei einer später zu zahlenden Rente berücksichtigt werden. Der Arbeitgeber meldete auf Anforderung der Beklagten dann am 29.07.2011 das beitragspflichtige Arbeitsentgelt für den Zeitraum 01.01. - 31.07.2011 mit einem Betrag von 21.834,00 Euro. Die Beklagte berechnete daraufhin für den Zeitraum 01.08. - 31.10.2011 ein hochgerechnetes Entgelt mit einem Betrag von 9.438,00 Euro und ging hierbei von dem gemeldeten Entgelt für den Zeitraum 01.01. - 31.07.2011 sowie einem Betrag von 15.919,15 Euro aus dem Zeitraum 01.08. - 31.12.2010 aus.
Mit Bescheid vom 17.08.2011 bewilligte sie dem Kläger mit einem Rentenbeginn ab dem 01.11.2011 die Altersrente für langjährig Versicherte auf der Grundlage von 0,7797 Entgeltpunkten sowie 51,0517 Entgeltpunkten (Ost) mit einem Bruttorentenbetrag von 1.265,55 Euro. Für den Zeitraum August bis Oktober 2011 ergaben sich nach der Anlage 3 des Rentenbescheides 0,3564 Entgeltpunkte.
Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger am 05.09.2011 Widerspruch unter Hinweis darauf, dass ihm in der 36. Kalenderwoche eine Sonderzahlung des Arbeitgebers anlässlich der 45-jährigen Betriebszugehörigkeit gezahlt werde, so dass die Rente nicht auf der Grundlage der Hochrechnung, sondern anhand des tatsächlichen Verdienstes berechnet werden solle. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2011 zurückgewiesen. Darin führte die Beklagte aus, dass der Kläger in das Hochrechnungsverfahren eingewilligt habe, so dass keine Neuberechnung der Rente bei Änderung des hochgerechneten Entgeltes durch Einmalzahlungen erfolgen könne.
Mit der am 05.12.2011 zum Sozialgericht Halle erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor, dass er im September 2011 eine Zusatzvergütung für die 45-jährige Betriebszugehörigkeit sowie ein 13. Monatsgehalt für das gesamte Jahr 2011 erhalten habe und dass hiervon Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt worden seien. Diese Entgelte müssten daher rentenwirksam werden. Nach der Meldebescheinigung vom 25.10.2011 belaufe sich sein Verdienst in dem Zeitraum August bis Oktober 2011 auf insgesamt 13.285,00 Euro, woraus sich ein höherer Rentenzahlbetrag ergebe. Die Erklärung zum Hochrechnungsverfahren habe er zwar unterschrieben, er sei aber nicht auf die Endgültigkeit hingewiesen worden. Bei der Antragstellung habe er die Mitarbeiterin der Renten...