Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Zufluss von Überbrückungsgeld nach Haftentlassung vor Antragstellung. Rückwirkung des Antrages auf den Ersten des Monats. Leistungsausschluss gem § 7 Abs 4 S 2 SGB 2
Orientierungssatz
In demselben Monat, aber vor der Antragstellung zugeflossenes Überbrückungsgeld bei Haftentlassung gem § 51 StVollzG ist als Einkommen gem § 11 SGB 2 zu berücksichtigen, da der Antrag nach § 37 Abs 2 S 2 SGB 2 nF auf den Ersten des Monats zurück wirkt. Der noch bestehende Leistungsausschluss gem § 7 Abs 4 S 2 SGB 2 am Ersten des Monats steht dem nicht entgegen.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten tragen ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anrechnung eines dem Kläger nach einer Haftentlassung gewährten Überbrückungsgeldes als auf seinen Bedarf anzurechnendes Einkommen.
Der Kläger verbüßte bis zum 12.6.2012 eine Haftstrafe. Bei seiner Haftentlassung am 12.6.2012 wurde ihm ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1335,22 Euro bewilligt und ausgezahlt.
Dem Kläger gelang es seitdem nicht, ein bezahltes Arbeitsverhältnis zu begründen und er verfügt auch nicht über ein Vermögen, mit dem er seinen Lebensunterhalt und die Kosten einer Unterkunft decken könnte.
Am 14.6.2012 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
Der vom Kläger hierzu verwendete Vordruck enthält in der Kopfzeile den Hinweis: "Beachten Sie bitte, dass dieser Antrag gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der Regel auf den Ersten des Monats zurückwirkt und Sie somit alle leistungsrelevanten Tatsachen (insbesondere Zufluss von Einkommen) für den gesamten Monat (auch für die Zeit ab dem Ersten des Monats) angeben müssen."
Mit Bescheid vom 19.6.2012 gewährte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 12.6.2012 bis zum 30.6.2012 in Höhe von 33,33 Euro (für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes) und für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis zum 30.11.2012 in Höhe von monatlich 181,46 Euro (für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes) und rechnete hierbei das Überbrückungsgeld von 1335,22 Euro im Zeitraum von Juni 2012 bis November 2012 in Höhe von monatlich 222,54 Euro als auf sechs Monate aufgeteilte einmalige Einnahme des Monats Juni 2012 auf den Bedarf an.
Am 20.6.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.6.2012 ein und begründete diesen am 1. August 2012.
Am 26.7.2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er ab dem 26.7.2012 in einer Wohnung in H. wohnen werde und dass die Grundmiete ab dem 1.8.2012 monatlich 120,00 Euro betrage zuzüglich 80,00 Euro Betriebskostenvorauszahlung einschließlich einer Vorauszahlung für Strom.
Mit Änderungsbescheid vom 30.7.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1.8.2012 bis zum 30.11.2012 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 361,46 Euro (hiervon 181,46 Euro für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes und 180,00 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung).
Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 14.8.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 12.6.2012 bis zum 30.6.2012 Leistungen nach dem SGB II (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes) in Höhe von 44,33 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.8.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 20.6.2012 als - nach Erlass der Änderungsbescheide - unbegründet zurück.
Daraufhin hat der Kläger die verfahrensgegenständliche Klage vom 24.9.2012 erhoben.
Auf Anregung des Gerichts haben die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 4.2.2013 bzw. 6.2.2013 jeweils ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass das Überbrückungsgeld nicht als einmalige Einnahme zu bewerten sei und auch nicht - aufgeteilt auf sechs Monate - als zugeflossenes Einkommen auf seinen Bedarf hätte angerechnet werden dürfen, sondern dass das Überbrückungsgeld (geschütztes) Vermögen darstelle, da es vor der Antragstellung vom 14.6.2012 zugeflossen sei.
Der Antrag wirke nicht gem. § 37 Abs. 2 S. 2 SGB II auf den 1.6.2012 zurück, weil am 1.6.2012 noch nicht die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch vorgelegen hätten, weil der Kläger sich bis zum 12.6.2012 in Haft befunden habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 19.6.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.7.2012 und vom 14.8.2012 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2012 abzuändern und dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in gesetzlich vorgesehener Höhe zu bewilligen und auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte folgert aus § 37 Abs. 2 S. 2 SGB II i.V.m. § 11 SGB II, dass der Antrag auf den 1.6.2012 zurückwirke und dass das zugeflossene Überbrückungsgeld als einmalige Einnahme anzusehen und auf sechs Monate aufzuteilen sei.
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