Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. häusliche Pflege. Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes. behindertengerechter Umbau einer Mietwohnung. Angemessenheit. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Hilfen beim Umbau einer Wohnung. Notwendigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Angemessenheit von Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach § 64e SGB XII.
Orientierungssatz
Zur Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Form von Hilfen bei dem behindertengerechten Umbau einer Wohnung.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für einen behindertengerechten Umbau der Mietwohnung der Antragstellerin zu übernehmen, bleibt ohne Erfolg.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, d.h. einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen. Dazu hat der Antragsteller die den Anordnungsanspruch und -grund begründenden Tatsachen so darzulegen, dass das Gericht von ihrer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgehen kann (BVerfG, Beschluss vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03; zur Glaubhaftmachung als Beweismaßstab s. BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R).
Vorliegend steht der Antragstellerin nach allen erkennbaren Umständen kein Anordnungsanspruch zur Seite.
Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der nach bereits erfolgter Bewilligung von 4.000,- Euro durch die Pflegekasse voraussichtlich verbleibenden 21.000,- Euro für die Umbaumaßnahmen kommen sowohl § 64e Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als auch §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung - a.F.) in Betracht.
Nach § 64e SGB XII können Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen gewährt werden, soweit sie angemessen sind und durch sie die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert werden kann oder eine möglichst selbständige Lebensführung der Pflegebedürftigen wiederhergestellt werden kann. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe auch die Leistungen nach den §§ 26 und 55 SGB IX in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung. Gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX a.F. werden als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Zu diesen Leistungen gehören u.a. Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht.
Die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Vorschriften sind jedoch nicht erfüllt.
Die 1935 geborene Antragstellerin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, bei der ein Grad der Behinderung von 80, das Merkzeichen G und der Pflegegrad 3 anerkannt sind und die aufstockend zu ihrer Altersrente Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht, erfüllt zwar die personenbezogenen Voraussetzungen sowohl des § 64e SGB XII als auch des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Auch dürfte es sich dem geplanten Bau einer barrierefreien Zuwegung zur Wohnung über den Garten- und Terrassenbereich, dem Umbau des Badezimmers zur Schaffung eines barrierefreien Duschbereichs und dem Einbau von Arbeitsflächen und einem Spülbereich in der Küche, die mit dem Rollstuhl unterfahren werden können, um Maßnahmen sowohl zur Verbesserung des Wohnumfeldes i.S.v. § 64e SGB XII als auch zur Erhaltung der Wohnung (durch Umbau) i.S.v. § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX handeln.
Einem Anspruch der Antragstellerin dürfte aber entgegenstehen, dass die beabsicht...