Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP durch BAG-Beschluss nur gegenwartsbezogen. Equal-Pay-Ansprüche. Betriebsprüfung. Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für vergangene Zeiträume. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Beitragsbescheid
Leitsatz (amtlich)
1. Mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 = BAGE 136, 302 ist die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nur gegenwartsbezogen festgestellt.
2. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob die auf der Basis eines mit der CGZP abgeschlossenen Tarifvertrages beschäftigten Leiharbeitnehmer gegenwärtig aufgrund einer Tarifunfähigkeit der CGZP einen höheren Entgeltanspruch haben, auf welchen Sozialversicherungsbeiträge für die Vergangenheit nach zu erheben sind.
Orientierungssatz
Zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid wegen ernstlicher Zweifel an der gegenwärtigen Rechtmäßigkeit des Bescheides.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 21. Oktober 2011 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 26. September 2011 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 109.932,83 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 7. November 2011, mit dem sich die Antragstellerin gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 219.865,66 EUR für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2009 durch Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 26. September 2011 wendet, hat Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Hierunter fällt das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 21. Oktober 2011 ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. September 2011 die Beitragspflicht und -höhe zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung feststellt und die Antragstellerin zur entsprechenden Nachzahlung verpflichtet.
2. Der Antrag ist begründet. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug eines Bescheides überwiegt. Der Gesetzgeber hat dabei durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Hat ein Widerspruch nicht schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung, soll gemäß § 86a Abs. 3 SGG die Behörde diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten in gleicher Weise mit Blick auf die Abwägungsentscheidung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12b).
Nach Auffassung der Kammer überwiegt nach diesen Maßstäben vorliegend das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens regelmäßig nur summarischen Prüfung ergeben sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung bestehen, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. LSG Nordrhein - Westfalen, Beschl. v. 17.01.2005, Az.: L 2 B 9/03 KR ER). Das ist hier gegenwärtig der Fall. Der Widerspruch der Antragstellerin dürfte nach summarischer Prüfung gegenwärtig Aussicht auf Erfolg haben.
Rechtsgrundlage des Beitragsbescheides ist § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach d...