Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Eigenanteil für Kita-Betreuung. Vorrang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. Bestreitung des Eigenanteils aus dem Regelbedarf
Orientierungssatz
1. Bei dem Eigenanteil für die Kita-Betreuung handelt es sich nicht um einen Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft iS des § 28 Abs 7 SGB 2. Dies ergibt sich aus dem grundsätzlichen Vorrang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.
2. Der Eigenanteil iHv 10 Euro monatlich für die Kita-Betreuung des Kindes des Hilfebedürftigen ist grundsätzlich aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Die Übernahme des Eigenanteils durch den Grundsicherungsträger kann auch nicht auf § 21 Abs 6 SGB 2 gestützt werden, wenn der Besuch der Kita auch die Gewährung eines kostenfreien Mittagessens beinhaltet.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme eines Eigenanteils in Höhe von 10.- EUR monatlich, den er für den Besuch einer Kindertageseinrichtung seines Kindes zu tragen hat.
Das 2012 geborene Kind des Kläger besucht eine H. Kindertageseinrichtung, für die die Freie und Hansestadt Hamburg einen Kita-Gutschein bewilligte (Bescheid vom 16.06.2014). Danach habe der Kläger für die Betreuung bis zu 30 Stunden wöchentlich einen Eigenanteil in Höhe von 10.- EUR zu tragen.
Am 20.06.2014 beantragte der Kläger die Übernahme des Eigenanteils beim Beklagten, die mit Bescheid vom 25.06.2014 abgelehnt wurde.
In seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 01.07.2014 heißt es, er könne die Übernahme des Eigenanteils unter entsprechender Anwendung des § 28 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beanspruchen.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2014 zurück. In den Gründen ist ausgeführt, der Kläger könne den Eigenanteil aus dem Regelbedarf bestreiten, § 20 SGB II.
Der Kläger hat am 30.12.2014 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2014 zu verurteilen, den Eigenanteil für den Besuch einer Kindertageseinrichtung seines Kindes in Höhe von 10.- EUR monatlich zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des ach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Vor einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid wurden die Beteiligten gehört.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme eines Eigenanteils in Höhe von 10.- EUR monatlich durch den Beklagten, den er für den Besuch einer Kindertageseinrichtung seines Kindes zu tragen hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 28 Abs. 1 SGB II werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Damit bilden die §§ 28, 29 eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Leistungen zur Deckung der Regelbedarfe den gesamten Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten umfassen sollen. (Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB, 06/16, § 28 SGB II Rn 23). Der Eigenanteil für die Kita- Betreuung des Kinds des Klägers ist aber aus dem Regelbedarf zu bestreiten.
Bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wird gemäß Abs. 7 ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10,- Euro monatlich berücksichtigt für
1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3. die Teilnahme an Freizeiten.
Bei dem Eigenanteil handelt es sich nicht um einen Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 28 SGB II. Dies ergibt sich aus dem grundsätzlichen Vorrang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Gemäß § 10 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gehen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe Leistungen nach dem SGB II vor. Hierzu gehört die Tageseinrichtung, die vom Kind des Klägers besucht wird, § 22 SGB VIII. Gemäß § 90 Abs. 3 SGB VIII ist im vorliegenden Fall die Inanspruchnahme des Angebotes der Fö...