Leitsatz (amtlich)
Kann der Versicherte die im Einzelfall erforderliche Hörgeräteversorgung nicht erhalten, weil es ausgeschlossen ist, diese Hörgeräteversorgung für den festgesetzten Festbetrag zu erhalten und ist aufgrund dessen auch im allgemeinen eine ausreichende Hörgeräteversorgung nicht gewährleistet, so kann der Versicherte die volle Kostenerstattung verlangen
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2048,13 EUR (= 4005,80 DM) für zwei selbstbeschaffte Hörgeräte Phonak Power Zoom P 4 AZ zu erstatten.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, über die Festbetragsregelung hinaus Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin zu übernehmen.
Die 1972 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits. Im Jahre 2000 traten bei der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt Geschichte und Germanistik studierte und mit Hörgeräten versorgt war, massive Schwierigkeiten der Sprachdiskrimmination auf. Am 11. August 2000 verordnete daher die behandelnde Fachärztin für HNO Dr. S. aufgrund einer Empfehlung des Hörgeräteakustikers G. der Klägerin 2 Hörgeräte Phonak Power Zoom P4 AZ.
Ihrem Antrag auf Versorgung mit den genannten Hörgeräten fügte die Klägerin im August 2000 befürwortende Stellungnahmen der Ärztin und des Hörgeräteakustikers bei. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung bestätigte am 05. September 2000 die hochgradige Schwerhörigkeit der Klägerin, sah jedoch eine medizinische Ausnahmesituation nicht als gegeben an und befürwortete im Sinne der Gleichstellung aller Versicherten die Kostenübernahme bis zum Festbetrag der Gruppe 3.
Mit Bescheid vom 11.September 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen im Rahmen der Festbetragsgruppe 3 in Höhe von 1.930,20 DM, lehnte jedoch eine darüber hinaus gehende Kostenübernahme ab.
Der Widerspruch der Klägerin vom 12. Oktober 2000 blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 12. September 2001 ist im Wesentlichen ausgeführt, im Falle der Festsetzung eines Festbetrages für ein Hilfsmittel sei die Krankenkasse nur in Höhe dieses Betrages leistungsverpflichtet. Eine über den Festbetrag hinausgehende Leistungspflicht bestehe selbst dann nicht, wenn die Leistung im Einzelfall einen vollständigen Ausgleich des Leidens des Versicherten nicht gewährleiste.
Mit ihrer am 06. Juli 2001 erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine vollständige Kostenübernahme für die zwischenzeitlich am 24. März 2001 selbstbeschafften Hörgeräte. Sie macht geltend, unabhängig von ihrer aktuellen Lebens- und Arbeitssituation gehöre die Kommunikation zu den elementaren Grundbedürfnissen eines Jeden. Die Versorgung mit einem Gerät, welches für den Festbetrag zu beschaffen sei, sei auch nicht wirtschaftlich, da mit einem solchen Gerät nicht zu der für Studium, Beruf und sonstigem öffentlichen Leben erforderlichen Kommunikation im Stande sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin weitere 2048,13 EUR (= 4005,80 DM) für zwei selbstbeschaffte Hörgeräte Phonak Power Zoom P 4 AZ zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigen Gutachtens sowie durch Einholung einer Freifeld-Hörprüfung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des HNO-Arztes Dr. G1 sowie des Hörgeräteakustikers H. Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 11. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf volle Kostenübernahme für die von ihr beschafften digital programmierbaren, mit Richtmikrophon versehenen Hörgeräte Phonak Power Zoom.
Nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuchgesetzliche Krankenversicherung-(SGB V) sind dem Versicherten die Kosten einer selbstbeschafften Leistung in der entstandenen Höhe unter anderem zu erstatten, wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Eine solche unrechtmäßige Leistungsablehnung durch die Beklagte liegt vorliegend vor. Der Umfang der Kostenerstattung ist danach durch die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten bestimmt.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, so weit Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsg...