Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. zu berücksichtigender Erziehungsgeldanteil am Tagespflegegeld bei Betreuung mehrerer Tagespflegekinder
Leitsatz (amtlich)
1. Ist vom zuständigen Jugendhilfeträger für den Erziehungsgeldanteil am Tagespflegegeld nach § 23 SGB VIII ein Betrag festgesetzt worden, ist dieser bei der Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II im konkreten Fall maßgeblich.
2. Bei der Berechnung des bei mehr als zwei betreuten Kindern anzurechnenden Einkommens ist für jedes Kind derselbe, nämlich der - auf die konkrete Gruppe betreuter Kinder bezogen - durchschnittliche Erziehungsgeldbetrag zu Grunde zu legen, so dass es keiner Bestimmung bedarf, welches Kind das erste im Sinne des § 11 Abs. 4 ist, welches das zweite, welches das dritte usw..
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 8.12.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2007 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2007 bis 30.6.2007 höheres Arbeitslosengeld II in Höhe von weiteren 49,- € monatlich zu gewähren.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Höhe des Arbeitslosengeldes II unter Berücksichtigung von Einkommen in Form von Tagespflegegeld.
Die 1959 geborene allein stehende Klägerin bezieht seit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) am 1.1.2005 Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II). Dabei wurde und wird das der Klägerin als Tagespflegeperson vom Jugendamt des Bezirksamts Altona der Freien und Hansestadt Hamburg nach § 23 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) gezahlte Tagespflegegeld teilweise als zu berücksichtigendes Einkommen nach § 11 SGB II angerechnet.
Mit Bescheid vom 8.12.2006 in der Fassung des nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des mit Widerspruchseinlegung am 9.1.2007 eingeleiteten Vorverfahrens gewordenen Änderungsbescheids vom 6.2.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 290,50 €. Dabei wurden von dem Bedarf in Höhe von 644,00 € (345,00 € als Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II zzgl. 299,00 € - angesichts der Teilung der Wohnung mit dem volljährigen und nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Sohn der Klägerin anteiligen - Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II) 353,50 € als Einkommen unter Anwendung des seit dem 1.1.2007 geltenden § 11 Abs. 4 SGB II abgesetzt, wonach abweichend von den Absätzen 1 bis 3 (des § 11 SGB II) der Teil des Pflegegeldes nach dem SGB VIII, der für den erzieherischen Einsatz gewährt wird, für das erste und zweite Pflegekind nicht, für das dritte Pflegekind zu 75 vom 100 und für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt wird. Die Klägerin betreute in diesen Zeitraum vier Pflegekinder, D. A., geb. am … 1996 (D), C. A., geb. am … 2000 (C), J.-C. A., geb. am … 2002 (J-C), sowie J. A., geb. am … 2006 (J). Die Beklagte ging entsprechend ihrer internen Dienstanweisung davon aus, dass der von dem Tagespflegegeld nach § 11 Abs. 4 SGB II allein und auch nur teilweise zu berücksichtigende Erziehungsgeldanteil für alle Kinder jeweils 202,00 € monatlich betrug, was den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge entsprach, die auch in der Gesetzesbegründung Erwähnung finden (vergleiche Nachweise bei Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 Rdnr. 58). Diese 202,00 € rechnete die Beklagte für ein Kind voll und für ein weiteres Kind zu 75 vom 100 (151,50 €) an.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.2.2007 zurück.
Mit der hiergegen am 13.3.2007 erhobenen Klage äußert die Klägerin - wie bereits im Vorverfahren - die Auffassung, dass die Anrechnung fehlerhaft erfolgt sei. Sie weist daraufhin, dass der Erziehungsgeldanteil entsprechend den jeweils bewilligten Leistungsarten und -stufen nach der Hamburger Verordnung über die Eignung von Tagespflegepersonen und Tagespflegegeld (KTagPflVO) insgesamt nicht 808,00 €, sondern lediglich 696,00 € betrage, nämlich jeweils 118,00 € für D und C, 200,00 € für J-C sowie 260,00 € für J. Dass ihr einen höheres anrechnungsfreies Einkommen verbliebe, wenn sie die beiden älteren Kinder, für die weniger Pflegegeld gezahlt werde, abgäbe, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 8.12.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1.1.2007 bis 30.6.2007 höheres Arbeitslosengeld II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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