Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. häusliche Krankenhilfe. Auslegung des Begriffs "geeigneter Ort". dauerhafte Aufnahme in Einrichtung der Eingliederungshilfe. kein Entfallen des Anspruchs auf Behandlungspflege. Verzinsung. Erstattungsanspruch. Sozialhilfeträger
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung des Begriffs "geeigneter Ort" iSd § 37 Abs 2 S 1 Alt 3 SGB 5.
Orientierungssatz
1. Der Vorschrift des § 37 Abs 2 S 6 SGB 5 idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, die dauerhafte Aufnahme in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe ohne eigenständige wirtschaftliche Haushaltsführung lasse den Anspruch nach § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 entfallen.
2. Zur Verzinsung von Erstattungsansprüchen der Sozialhilfeträger gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.289,54 Euro nebst 4 Prozent Zinsen aus 8.808,92 Euro seit dem 06.11.2009,
aus 507,16 Euro seit dem 01.10.2009
aus 490,80 Euro seit dem 01.11.2009
aus 507,16 Euro seit dem 01.12.2009
aus 507,16 Euro seit dem 01.01.2010
aus 449,90 Euro seit dem 01.02.2010
aus 507,16 Euro seit dem 01.03.2010
aus 490,80 Euro seit dem 01.04.2010
aus 474,44 Euro seit dem 01.05.2010
aus 482,62 Euro seit dem 01.06.2010
aus 507,16 Euro seit dem 01.07.2010
aus 507,16 Euro seit dem 01.08.2010
aus 490,80 Euro seit dem 01.09.2010
aus 507,16 Euro seit dem 01.10.2010
aus 490,80 Euro seit dem 01.11.2010
aus 490,80 Euro seit dem 01.12.2010
aus 490,80 Euro seit dem 01.01.2011
aus 229,04 Euro seit dem 01.02.2011
aus 409,00 Euro seit dem 01.03.2011
aus 441,72 Euro seit dem 01.04.2011
aus 498,98 Euro seit dem 01.05.2011
zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 18.289,54 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Aufwendungen für die häusliche Krankenpflege eines Versicherten der Beklagten in der Zeit von Oktober 2008 bis einschließlich Mai 2011 i.H.v. 18.289,54 Euro nebst Zinsen.
Die Klägerin brachte den am ...1956 geborenen und bei der Beklagten krankenversicherten Herrn R.R. (i.F.: Versicherter) am 20.10.2008 aus Mitteln der Sozialhilfe in dem von der Heilsarmee betriebenen J.-Haus unter. Hierbei schlossen der Versicherte und die Heilsarmee als Trägerin der Einrichtung unter Benutzung der von der Trägerin vorgehaltenen Vertragsformulare einen Nutzungs- sowie einen Beratungs- und Betreuungsvertrag, wobei sich die Trägerin (neben der Übergabe eines Zimmers sowie bestimmter beweglicher Gegenstände und der Zulassung der Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen) dazu verpflichtete, den Versicherten zu verpflegen und ihm nach Maßgabe des Beratungs- und Betreuungsvertrags “persönliche Hilfe„ in Form von sozialpädagogischer Betreuung zur Verfügung zu stellen.
Es besteht weiterhin zwischen der Trägerin der Einrichtung und der Klägerin ein Vertrag nach § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII).
Auf ärztliche Verordnungen hin erhielt der Versicherte im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen der häuslichen Krankenpflege im J.-Haus. Eine Erstattung der Kosten lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, sie sei für diese Leistungen nicht zuständig.
Die Klägerin hat am 06.11.2009 Klage erhoben.
Sie führt aus, jedenfalls handele es sich beim J.-Haus um einen sonst geeigneten Ort i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 1 3.Alt Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), wie sich aus der Zielsetzung der Vorschrift ergebe, die ausweislich der Gesetzesbegründung vorschnelle stationäre Einweisungen verhindern solle. Auch spreche es für das Vorliegen eines geeigneten Ortes, wenn die Einrichtung keine medizinische Behandlungspflege schulde. Schließlich sei das J.-Haus dem in § 37 Abs. 2 Satz 1 3. Alt SGB V ausdrücklich genannten betreuten Wohnen so ähnlich, dass es sogar als eine Sonderform dessen angesehen werden könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.289,54 € nebst Zinsen nach Maßgabe von § 108 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet bereits einen Anspruch des Versicherten auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege: Aus § 37 Abs. 2 Satz 7 SGB V ergebe sich im Gegenschluss, dass jedenfalls Versicherte, die auf Dauer in Einrichtungen der Eingliederungshilfe ohne eigenständige wirtschaftliche Haushaltsführung untergebracht seien, von Leistungen der häuslichen Krankenpflege ausgeschlossen seien. Das J.-Haus sei ausweislich der Leistungsbeschreibung (Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII) als vollstationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe gem. § 71 Abs. 4 SGB XI keine Pflegeeinrichtung. Insbesondere handele es sich auch nicht um eine betreute Wohnform.
Der Versicherte sei dort auch auf Dauer untergebracht gewesen, wie die tatsächliche Entwicklung des Falles gezeigt habe. Die wiederkehrenden Befristungen stünden dieser Annahme nicht entgegen, vielmehr sprächen gerade § 37 Abs. 2 Sat...