Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen von Unfallversicherungsschutz als Wie-Beschäftigter
Orientierungssatz
1. Unfallversicherungsschutz als sog. Wie-Beschäftigter setzt nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB 7 voraus, dass die unfallbringende Tätigkeit des Geschädigten unter solchen Umständen geleistet wurde, dass sie im Einzelfall der Tätigkeit eines Beschäftigungsverhältnisses entsprach, d. h. konkret arbeitnehmerähnlich war.
2. Tätigkeiten aufgrund einer mitgliedschaftsrechtlichen Verpflichtung sind vom Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB 7 ausgeschlossen.
3. Handelt es sich um eine selbstverständliche Hilfeleistung oder ist die Tätigkeit durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder sozial geprägten Beziehung gekennzeichnet, so fehlt es regelmäßig an einer konkreten Arbeitnehmerähnlichkeit.
4. Ist die unfallbringende Tätigkeit wesentlich durch die besonderen Vereinsregelungen und den Vereinszweck bestimmt, so besteht kein Unfallversicherungsschutz.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Feststellung des tödlichen Ereignisses vom 01.02.2008 als Arbeitsunfall.
Der Ehemann der Klägerin, Herr W.S. (im Folgenden: Verstorbener), nahm am 01.02.2008 an einem Fackelumzug, den die Narrenzunft G. e.V. veranstaltete, teil. Er war (Gründungs-)Mitglied des an dieser Veranstaltung teilnehmenden Vereins T. e.V ...
Die Veranstaltung wurde von der zuständigen Behörde, dem Landratsamtes B., mit Bescheid vom 11.12.2007 mit der Auflage genehmigt, dass der Veranstalter ausreichendes Ordnungspersonal bereitstellt. Der Verein G. e.V. setzte als Veranstalter für die teilnehmenden Vereine unter anderem die Richtlinie fest, dass diese insbesondere für die Großwagen, die am Umzug teilnehmen, mindestens zwei Personen bestimmen, die neben den Wagen als Sicherung herlaufen.
Der Verstorbene begleitete den am Umzug beteiligten und vom T. e.V. gestalteten Großwagen. Er lief neben dem Wagen her, welcher im Schritttempo bei der Veranstaltung fahren sollte. Im Bereich einer engen Kurve hielt der Verstorbene einen zu geringen Abstand zum Wagen, wurde von diesem erfasst und tödlich verletzt. Im Rahmen der Obduktion wurde beim Verstorbenen eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,81 Promille festgestellt.
Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 21.05.2014 das Unfallereignis des Verstorbenen bei der Beklagten als Arbeitsunfall und begehrte Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Mit Bescheid vom 10.02.2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 01.02.2008 als Arbeitsunfall unter anderem mit der Begründung ab, der Verstorbene habe zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung als Wie-Beschäftigter gestanden. Der Verstorbene habe am Unfalltag keine Tätigkeit verrichtet, die nach den Gesamtumständen einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sei, wie dies von der Rechtsprechung zur Anerkennung als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gefordert werde. Er habe lediglich Aufgaben wahrgenommen, die ein Ausfluss seiner mitgliedschaftlichen Verbundenheit mit seinem Verein darstellen würden.
Mit Schreiben vom 06.03.2015 legte die Klägerin Widerspruch dagegen ein. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass der Verstorbene als Streckenposten für den Verein G. e.V. tätig gewesen sei, weil die Verpflichtung Streckenposten aufzustellen, den Veranstalter getroffen habe.
Die weiteren Ermittlungen der Beklagten ergaben unter anderem, dass der Veranstalter der G. e.V. für teilnehmende Vereine mit Wagen vorsah, dass pro Wagen mindestens 2 Begleitpersonen (aus der eigenen Gruppe), die neben dem Fahrzeug gehen und auf die Sicherheit der Teilnehmer und Zuschauer achten sollten, anwesend waren. In den Umzugsrichtlinien wird hierzu ausgeführt: "Jede Narrenzunft, Fußgängergruppe, Kleinwagen und insbesondere die Wagen, die an unseren Umzügen teilnehmen, haben mindestens 2 Personen ihrer Gruppe zu bestimmen, die neben der Gruppe bzw. dem Wagen herlaufen. Diese Personen haben darauf zu achten, dass sich keiner zum Beispiel der Zugmaschine oder dem Wagen nähert, sodass ihm ein Schaden entstehen könnte.". Diese Veranstaltungsrichtlinien wurden vom Verantwortlichen des T. e.V. unterschrieben und zur Kenntnis genommen. Aus den beigezogenen polizeilichen/staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ergibt sich, dass der Verstorbene als solcher "Ordner/Posten" vom T. e.V. eingesetzt wurde.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2015 zurück. Auf Nachfrage beim T. e.V. habe sich herausgestellt, dass der Verstorbene nicht als Streckenposten eingesetzt gewesen sei, sondern als Ordner die Aufgabe hatte, den Großwagen zu begleiten. Die Streckenposten seien von dem Veranstalter, dem G. e.V. bereitgestellt worden. Seine Position könne aber auch dahingestellt bleiben, weil der Verstorbene jedenfalls für seinen Verein tätig wurde und keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe.
Dagegen hat die Klägerin mit ...