Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarverteilungsmaßstab. Rechtmäßigkeit. Fallzahlzuwachsbegrenzung. kleine Praxis
Leitsatz (amtlich)
Fallzahlzuwachsbegrenzungen sind nur rechtmäßig, wenn sie kleinen Praxen die Möglichkeit belassen, ihre Fallzahl auf den Durchschnitt der Fachgruppe zu erhöhen.
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist die Höhe des dem Kläger im Quartal I/99 zustehenden ärztlichen Honorars.
Der Kläger ist seit mehr als 16 Quartalen als Praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung in Hamburg zugelassen. Mit Honorarabrechnungsbescheid vom 26.8.1999 setzte die Beklagte das dem Kläger für das Quartal I/99 zustehende Honorar fest. Dabei kürzte sie die abzurechnenden Punktzahlen in Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung nach § 9 Abs. 7 ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) von 853.841, 7 auf 820.456, 2 Punkte, also um 33.385, 5 Punkte. Dabei legte sie einen Fallzahlanstieg der Fachgruppe von 669 im Vorjahresquartal auf 751 im Abrechnungsquartal und des Klägers von 636 auf 753 Fälle zugrunde und bestimmte eine Fallzahlzuwachsbegrenzung auf 21 Fälle sowie eine individuelle Kürzungsquote nach Anlage J HVM von 96, 09 %.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 3.9.1999, auf dessen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, Widerspruch und verwies darauf, dass Ursache des Fallzahlzuwachses die Übernahme von Patienten aus anderen Praxen sowie eine Urlaubsvertretung gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15.12.1999 zurück. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die aus der verbindlichen Bestimmung des § 9 Abs. 7 HVM resultierende Honorarabstaffelung rechnerisch zutreffend angewandt worden sei und die vom Kläger vorgetragenen Argumente auch im Einzelfall keine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Eine Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass der Kläger als Folge der angeführten Praxisaufgaben im Quartal I/99 lediglich zwei Patienten der Kollegin K. und 14 Patienten der Kollegin H. behandelt habe. Auch die vom Kläger angeführte wechselseitige Praxisvertretung mit dem Kollegen Sch. sei nicht geeignet, um von einer Honorarabstaffelung Abstand zu nehmen.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.12.1999 richtet sich die vom Kläger am 7.1.2000 erhobene Klage. Zur Begründung hat der Kläger mit Schreiben vom 1.2.2000 und 19.6.2001, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, ausgeführt, dass der Zuwachs der Patientenzahl von ihm nicht absichtlich herbeigeführt worden, sondern schicksalhaft erfolgt sei. Zum einen habe er Patienten der Kolleginnen H. und K. übernommen, welche ihre Praxis aus Altersgründe aufgegeben hätten; zum anderen habe er eine Praxisvertretung für den Kollegen Sch. am 1.2. und vom 8. bis 19.3.1999 übernommen, wodurch der größte Teil des - der beigefügten Anlage zu entnehmenden - Patientenzuwachses entstanden sei. Es liege keine Doppelbegünstigung, sondern eine Doppelbestrafung durch Praxisbudgets und zusätzliche Verlagerung des Vertretungsrisikos vor.
Die Kläger beantragt,
den Honorarbescheid der Beklagten vom 26.8.1999 abzuändern, den Widerspruchsbescheid vom 15.12.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie mit Schriftsatz vom 13.2.2001 zunächst auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und mit weiterem Schriftsatz vom 7.5.2001 ausgeführt, dass die von der Beklagten eingeführte Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung sinnvoll und sachgerecht sei; sie beinhalte zielerreichungskonforme Ausnahmetatbestände für junge Praxen in der Aufbauphase, für Praxisübernahmen sowie für krankheitsbedingt geringere Praxistätigkeit im Vergleichsquartal. Zutreffend sei keine Ausnahme für Vertretungsfälle vorgesehen, da diese eine maßgebliche Ursache für die Zunahme der insgesamt abgerechneten Fallzahlen und damit für den Punktwertrückgang seien; eine Ausnahme würde zu einer unberechtigten Doppelbegünstigung der betroffenen Praxen führen und insgesamt die Zielsetzung der Regelung unterlaufen. Ergänzend wird auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 7.5.2001 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 22.1.2002, auf den Bezug genommen wird, wurde dem Kläger gemäß § 9 Abs. 11 HVM für das Quartal I/99 eine Nachvergütung in Höhe von 10.683, 36 Punkten gewährt. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind (im Umfang des Streitgegenstandes) rechtswidrig.
Streitgegenstand ist ausschließlich die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, das dem Kläger für das Quartal I/99 zustehende vertragsärztliche Honorar durch Anwendung der in § 9 Abs. 7 HVM gereg...