Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Anspruch auf Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung der Gesamtvergütung
Orientierungssatz
Einer Kassenärztlichen Vereinigung steht für die Säumniszeit ein Anspruch auf Verzugszinsen zu, wenn ein Krankenversicherungsträger die vertraglich geschuldete Gesamtvergütung zu spät zahlt.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 10.209,38 €.
Die Klägerin und der Landesverband der Betriebskrankenkassen Niedersachsen schlossen auch für die Beklagte - inzwischen als Rechtsnachfolgerin der BKK Kali-Chemie und der BKK Benecke - am 9. März 1989 einen Gesamtvertrag über die Gesamtvergütung. Nachdem die Beklagte die restlichen Beträge nicht zahlte und die Klägerin sie für das Jahr 1993 mit Schreiben vom 19. November 1998, für das Jahr 1994 mit Schreiben vom 2. August 1999 und für die Jahre 1993 bis 1995 mit Schreiben vom 14. Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 136.910,26 DM (= 70.001,10 €) zur Zahlung aufforderte, hat sie am 28. Dezember 2000 vorsorglich zur Unterbrechung der Verjährung Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und fordert damit ursprünglich die Zahlung von Beträgen über die Gesamtvergütung für die Quartale I/1993 bis IV/1995. Sie begründet ihre Klage, dass Grundlage der Klage der zwischen den Beteiligten am 9. Oktober 1996 beschlossene 4. Nachtrag zum zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrag vom 9. März 1989 sei. Nachdem die Beklagte den ausstehenden Betrag in Höhe vom 174.080,98 DM (= 89.006,19 €) trotz drei Mahnungen nicht gezahlt habe, sei die Klage begründet. Es handele sich um Forderungen an die BKK Kali-Chemie und die BKK Benecke, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte sei.
Am 3. und am 9. April 2001 hat die Bezirksstelle H der Klägerin seitens der Beklagten den vollständigen Ausgleich der eingeklagten Forderungen betreffs der BKK Benecke erhalte, so dass sich die Forderung auf 136.910,26 DM (= 70.001,10 €) reduziert hat.
Mit Schreiben vom 20. August 2001 hat die Bezirksstelle V der Klägerin die Beklagte nochmals zur Zahlung der Summe von 136.910,26 DM (= 70.001,10 €) aufgefordert.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2002 beantragte die Klägerin zusätzlich, die Beklagte zu verurteilen, ihr Verzugszinsen in Höhe von 10.209,38 € zu zahlen. Sie begründete dieses Anspruch aus §§ 284, 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) alte Fassung und ab dem 1. Januar 2002 aus den §§ 286, 288 BGB. Prüfungsmaßstab für die Frage, ob die Beklagte bei verspäteter Zahlung der Gesamtvergütung an die Klägerin Verzugszinsen zu zahlen habe, sei § 69 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Diese Vorschrift stelle die Eingangsbestimmung des 4. Kapitels des SGB V zu den "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" dar, die seit dem 1. Januar 2000 in Satz 3 auf die Vorschriften des BGB verweise, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar seien. Es bestehe eine Rechtsähnlichkeit des geregelten Sachverhalts mit dem Sachverhalt, auf den die fraglichen Regelungen angewandt werden sollen. Sowohl beim Gesamtvertrag zwischen den Beteiligten als auch bei den BGB-Verträgen bestehe bei den Vertragspartnern ein Verhältnis der Gleichordnung, nicht der Über- und Unterordnung. Zudem stelle die Zahlungspflicht die vertragliche Hauptleistung dar, die im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der geschuldeten Leistung des anderen Vertragspartners stehe. Insofern seien die Verzugsbestimmungen des BGB auch im Bereich des Leistungserbringerrechts des SGB V entsprechend anzuwenden. § 69 SGB V setze ferner voraus, dass die Vorschriften des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar seien. Aus § 70 SGB V seien Vorgaben für Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung der Versicherten zu entnehmen. Die Frage, ob die Beklagte Verzugszinsen an die Klägerin zu leisten habe, betreffe nicht diese Grundsätze. Auch seien die allgemeinen Verzugsvoraussetzungen der §§ 286 ff. BGB erfüllt. Nach § 11 Abs. 1 des Gesamtvertrages vom 9. März 1989 trete die Fälligkeit zehn Tage nach Eingang der Abrechnungsunterlagen ein. Hier seien die Abrechnungsunterlagen am 14. Dezember 2000 von der Bezirksstelle V der Klägerin versandt worden. Spätestens am 19. Dezember 2000 dürfte der Posteingang bei der Beklagten zu verzeichnen gewesen sein. Unter Zugrundelegung dieser Daten ergebe sich eine Fälligkeit der Restzahlung auf die Gesamtvergütung am 29. Dezember 2000. Die Beklagte habe am 23. September 2002 den geforderten Betrag gezahlt.
Auch wenn Gesamtverträge öffentlich-rechtliche Verträge seien, gelte auch für sie § 69 Satz 3 SGB V. Überdies sei in Satz 4 geregelt, dass die Sätze 1 bis 3 auch gelten sollten, soweit durch diese Rechtsbeziehung Rechte Dritter betroffen seien. Davon sei die Klägerin nicht ausdrücklich ausgenommen. Die Rechtsprechung des Bu...