Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Gewährung von Insolvenzgeld. Insolvenzereignis als Leistungsvoraussetzung
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Insolvenzgeld scheidet aus, wenn der Arbeitgeber von Beginn der betrieblichen Tätigkeit an überschuldet und zahlungsunfähig war, da es in diesem Fall an einem späteren Insolvenzereignis als Voraussetzung eines Insolvenzgeldanspruchs fehlt (Anschluss LSG Schleswig, Urteil vom 06.07.2007, L 3 AL 54/06).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Insolvenzgeld.
Der ....1970 geborene Kläger beantragte am 04.07.2016 bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld. Hierbei gab er an, er sei als "Regional Sales Director" bei der Firma ..., beschäftigt gewesen. Nach dem Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma ...-GmbH & Co. KG (Unterzeichner M) sollte die Tätigkeit im Home-Office erfolgen (§1) und am 01.05.2016 beginnen (§ 2). Nach § 4 des Arbeitsvertrages wurde eine Vergütung von monatlich 6.000,00 EUR brutto + 10 % Umsatz Provision sowie ein 13. und 14. Monatsgehalt vereinbart. Ferner legte der Kläger eine Vertragsergänzung vor, in welcher bestätigt wurde, dass der Kläger mit Wirkung zum 01.05.2016 Anspruch auf ein Firmen-Kfz der Anspruchsklasse II im Rahmen der Kfz-Regelung (z. B. Audi A 6 Touring, BMW X 5 - 5er BMW Touring, Budget-Limit 70.000,00 EUR) habe. Dieses sowie weitere nach Angaben des Klägers zugesagte Ausstattung wie Smartphone und Laptop wurde dem Kläger tatsächlich nie zur Verfügung gestellt, Lohn wurde nie bezahlt.
Die Firma ... wurde am ... 2016 beim Amtsgericht ... in das Handelsregister unter HRA ... eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter war die Firma ...-GmbH. Als Kommanditistin wurde C eingetragen. Die Firma ...-GmbH wurde am ....2015 von C errichtet und zum Geschäftsführer W bestellt, da C wegen Vorstrafen nicht Geschäftsführerin werden konnte. Die Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht ... erfolgte unter HRB ... am ... 2016. Sitz beider Unternehmen war in der Wohnung von C. Das Mietverhältnis wurde mit einer Zahlungs- und Räumungsklage u.a. wegen Mietrückständen durch den Vermieter beendet (Gerichtsvollziehertermin am 25.04.2016). Unter Verschweigen ihrer Vorstrafen bewirkte C am ....2016 mit einer Handelsregisteranmeldung beim Notariat ... an das Amtsgericht ... - Registergericht - ihre Bestellung zum Liquidator der Firma ... GmbH. Die Gesellschaft wurde aufgelöst. Ebenso erklärte C gegenüber dem Notariat ... die Auflösung der Firma ... Management durch Beschluss sämtlicher Gesellschafter. Der Geschäftsbetrieb wurde ohne Liquidation zum 30.06.2016 eingestellt. Ein zu verteilendes Vermögen war nicht vorhanden. Nachdem C der Beklagten gegenüber mitgeteilt hatte, dass sie nicht in die Insolvenz gehen werde, da sie die endgültige Freigabe von Geldern eines ausländischen Investors erhalten habe und diese bis August 2016 komplett transferiert sein würden, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.07.2016 den Antrag des Klägers auf Insolvenzgeld ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die Firma ... Management habe seit ihrem Bestehen erst einmal Löhne bzw. Gehälter gezahlt und bereits im Jahr 2015 hätten Mitarbeiter der Firma vergeblich auf Lohn- und Gehaltszahlungen gewartet, Kunden würden seit über einem Jahr auf die Rückzahlung ihrer Kapitaleinlagen warten. Es handele sich ganz offensichtlich nicht um eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit, sondern eine bewusste und gezielte Täuschung der Behörden, Kunden und Mitarbeiter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, zwar spreche einiges dafür, dass die Betriebstätigkeit zum 01. Juli 2016 endgültig eingestellt worden sei. Eine verwertbare Vermögensmasse sei offenbar nicht vorhanden. Damit könnte ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III vorliegen. Nach Sinn und Zweck des Insolvenzgeldes greife dessen Schutz dennoch nicht, weil davon auszugehen sei, dass die ... Management von Beginn ihrer Tätigkeit an im Grunde vermögenslos und damit zahlungsunfähig gewesen sei. Hierfür würde sprechen, dass die vertraglich vereinbarten - überdurchschnittlich hohen - Gehälter nicht ausgezahlt wurden. Lediglich in einem Fall sei das Gehalt für den ersten Monat des Beschäftigungsverhältnisses im Januar 2016 noch überwiesen worden. Die später eingestellten Arbeitnehmer hätten im gesamten Zeitraum kein Gehalt erhalten. Sozialversicherungsbeiträge seien nicht abgeführt worden. Alle bis auf eine Arbeitnehmerin hätten zu Hause gearbeitet und die privaten Computer etc. genutzt. Es habe offensichtlich kein eigenes Gebäude, sondern nur ein vorübergehend angemietetes Büro in ... gegeben. Die Tätigkeit der Arbeitnehmer habe sich auf vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme der eigentlichen Betriebstätigkeit wie Einholung von Angeboten von Kunden beschränkt. Es sei zweifelhaft, ob und wann die ...