Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Ergebnisse von Qualitätsprüfungen. Anforderungen an Maßnahmebescheide und Verwaltungsverfahren nach § 115 Abs 2 SGB 11
Orientierungssatz
1. Das Unterlassen einer nach § 115 Abs 2 S 1 SGB 11 gebotenen Anhörung stellt keinen gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 SGB 10 heilbaren Verfahrensfehler dar.
2. Maßnahmebescheide gemäß § 115 Abs 2 SGB 11 müssen hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies ist der Fall, wenn für den Träger der Pflegeeinrichtung konkrete, von der Feststellung der Qualitätsmängel deutlich unterscheidbare Handlungsmaßnahmen festgelegt werden, so dass dieser ohne Zweifel beurteilen kann, wann die Maßnahmen als umgesetzt gelten können.
3. § 115 Abs 2 S 1 SGB 11 räumt den Landesverbänden der Pflegekassen ein Auswahlermessen hinsichtlich der anzuordnenden Maßnahmen ein.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Trägerin eines Pflegeheims und begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 9. Juli 2009 gegen einen Maßnahmebescheid der Antragsgegner nach einer erfolgten Qualitätsprüfung.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte im Auftrag der Antragsgegner am 28. April 2009 im Pflegeheim der Antragstellerin eine Qualitätsprüfung durch. Die Prüfung durch den MDK erfolgte unter anderem in der Weise, dass fünf Versicherte in dem Pflegeheim aufgesucht wurden und die dortige Pflegesituation untersucht wurde. Der MDK stellte - wie aus der Anlage zum Prüfbericht ersichtlich - zum Teil Mängel insofern fest, als bei einem bestehenden Dekubitus eine systematische Einschätzung des vorhandenen Risikos einem Versicherten durch Mitarbeiter des Pflegeheims nicht nachvollzogen werden konnte. Bei einem anderen Versicherten wurden z.B. Mängel bei dem Umgang mit der Gefahr der Mangelernährung festgestellt. So wurde eine Planung der Gewichtskontrollen nicht nachvollziehbar dargelegt, es ergab sich insbesondere keine nachvollziehbare Dokumentation der unternommenen Maßnahmen bei einem erfolgten Gewichtsverlust. Bei einem anderen Versicherten wurden Mängel bei dem sachgerechten Umgang mit der Kontrakturgefahr festgestellt. So wurden teilweise nach der vorhandenen Dokumentation die Fähigkeiten bzw. Probleme des Versicherten nicht erkannt und keine geeigneten Ziele bzw. erforderliche Maßnahmen geplant, um mit der Kontrakturgefahr umzugehen. Durch den MDK wurde in diesem Zusammenhang über die Möglichkeit einer Krankengymnastik beraten. Wegen der weiteren Einzelheiten im Hinblick auf die festgestellten Qualitätsmängel bei den einzelnen Versicherten wird auf den Prüfbericht vom 11. Mai 2009 verwiesen. Der MDK fasste die Ergebnisse der erfolgten Qualitätsprüfung in der Weise zusammen, dass ein kurzfristiger Handlungsbedarf sowie ein mittelfristiger Handlungsbedarf festgestellt wurden. In den Handlungsbedarfen wurden abstrakt einzelne Maßnahmen, z.B. zu einem sachgerechten Umgang bei einem vorliegenden Dekubitus, zu einem sachgerechten Umgang bei Inkontinenz oder zu einem sachgerechten Umgang bei einem Sturzrisiko zusammengefasst. Wegen der festgestellten Handlungsbedarfe wird auf die Rubrik "empfohlene Maßnahmen" unter dem Punkt 19. im Prüfbericht verwiesen.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2009 übersandte der MDK den Prüfbericht an die Antragstellerin und teilte "im Auftrag der Verbände der gesetzlichen Pflegekassen in Niedersachsen" mit, dass die Antragstellerin nach Zustellung dieses Schreibens die Möglichkeit habe, im Rahmen der Anhörung bis zum 3. Juni 2009 schriftlich bei einer bestimmten Mitarbeiterin des MDK eine Stellungnahme zu dem Prüfbericht abzugeben. Nach einer Stellungnahme der Antragstellerin bzw. dem Fristablauf sei das Beteiligungsverfahren für den MDK vorerst abgeschlossen, so dass die Antragstellerin im folgenden eine Nachricht der Verbände der gesetzlichen Pflegekassen erhalte. Der Prüfbericht mit der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme wurde auch dem Sozialhilfeträger und der Trägervereinigung der Antragstellerin übersandt. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
Am 22. Juni 2009 erließen die Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen Bescheid. In diesem Bescheid wurde bestimmt, dass einzelne Maßnahmen durch die Antragstellerin bis zum 3. August 2009, andere bis zum 22. Dezember 2009 umzusetzen seien. Als vorzunehmende Maßnahmen wurden wörtlich die im Prüfbericht des MDK festgestellten kurzfristigen bzw. mittelfristigen Handlungsbedarfe übernommen. Grundlage des Bescheides sei der Prüfbericht des MDK vom 11. Mai 2009. Für die Umsetzung der Maßnahme sollte die Antragstellerin entsprechend beigefügte Erklärungen verwenden. Nach den beigefügten Erklärungsvordrucken waren wiederum die kurzfristigen bzw. mittelfristigen Handlungsbedarfe aufgeführt. Die Antragstellerin erklärte nach dem Vordruck, dass die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen vollständig, fachgerecht und innerhalb der im Prüfbericht vom 22. Juni 2009 genannten Frist umgesetzt wo...