Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Erstattungsanspruch eines Krankenhauses gegen den Leistungsträger wegen erbrachter Geburtshilfeleistungen. analoge Anwendung des § 25 SGB 12. örtliche Zuständigkeit. gewöhnlicher Aufenthalt der Mutter. Nichtberücksichtigung von Zeiträumen eines Verstoßes gegen räumliche Beschränkungen. Verzinsung. fehlende Rechtsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Ein Krankenhaus kann als Nothelfer gegen den Leistungsträger nach dem AsylbLG wegen für einen Säugling erbrachter Geburtshilfeleistungen einen Leistungsanspruch analog § 25 SGB 12 haben.
Orientierungssatz
1. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts iS des § 10a Abs 3 AsylbLG sind Zeiträume eines widerrechtlichen, räumlichen Beschränkungen oder Wohnsitzauflagen zuwider laufenden Aufenthalts nicht zu berücksichtigen.
2. Das Krankenhaus hat keinen Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsanspruchs gegen den Leistungsträger nach dem AsylbLG. Ein solcher folgt weder aus den §§ 291, 288 Abs 1 BGB noch aus § 44 Abs 1 SGB 1.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides der Stadt H. vom 17. März 2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2008 verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 832,61 € zur Erstattung der Kosten der am 5. Januar 2008 von ihr geleisteten Geburtshilfe für den Säugling I. zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.
Tatbestand
Die Klägerin, u.a. Trägerin eines im Landkreis des Beklagten gelegenen Krankenhauses mit Geburtshilfeabteilung, begehrt als Nothelferin von dem Beklagten, hilfsweise dem Beigeladenen als zuständigem Träger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) die Übernahme der Kosten für Geburtshilfeleistungen anlässlich der Entbindung eines Asylbewerberleistungsberechtigten.
Am Samstag, dem 5. Januar 2008, um 20:20 Uhr ließ die Klägerin in ihr Krankenhaus in H. die aus dem Kosovo stammende serbisch-montenegrinische Staatsangehörige J. wegen deren unmittelbar bevorstehender Entbindung aufnehmen. Etwa 1 ½ Stunden nach der Aufnahme gebar Frau K. den Säugling I., ebenfalls serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger. Die Entlassung von Frau K. und ihrem Säugling erfolgte am darauffolgenden Montag, dem 7. Januar 2008 um 11:48 Uhr. Für die erbrachten Geburtshilfeleistungen berechnete die Klägerin nach den für gesetzlich Krankenversicherte geltenden Sätzen 832,61 €. Wegen der Einzelheiten der berechneten Pauschalen wird auf die Schlussrechnung vom 7./18. Januar 2008 (vgl. Bl.5 f. der Gerichtsakte, GA) verwiesen.
Die Übernahme dieser Kosten beantragte die Klägerin unter dem 7. Januar 2008 zunächst bei dem für den Beklagten handelnden Sozialamt der Stadt H. (Eingang am 7. Januar 2008, vgl. Bl. II 33 der Leistungsakten des Beklagten, LA), wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen betreffend ihre Zuständigkeit darüber hinaus unter dem 7. Januar 2008 bei Letztgenanntem (Eingang am 17. Januar 2008, vgl. Bl. 82 f. LA des Beigeladenen).
Dem Streit zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen um die örtliche Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG für den Säugling I. liegt folgende ausländer- und leistungsrechtliche Historie zugrunde:
Der Vater des Säuglings, Herr L., ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger. Nach der Geburt erkannte er die Vaterschaft für den Säugling an; ihm wurde die gemeinsame elterliche Sorge zuerkannt. Als rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber wurde er zum Zeitpunkt der Geburt von dem Beklagten mit einer die Stadt H. betreffenden Wohnsitzauflage geduldet. Bei ihm lebten zu diesem Zeitpunkt zwei Geschwister des Säuglings; er bezog für sich und diese beiden Kinder vom Beklagten sog. Analog-Leistungen gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG (vgl. Bescheid vom 19. November 2007, Bl. II 19 ff. LA).
Die Mutter des Säuglings, Frau J., war zum Zeitpunkt der Geburt als rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberin in den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen - Landkreis M. - verteilt und wurde von diesem seit dem 18. Juni 2003 mit zeitlichen Unterbrechungen geduldet; die Duldungen enthielten jeweils eine den Ort N. betreffende Wohnsitzauflage. Die Mutter und ein weiteres Geschwisterkind des Säuglings lebten zeitweise in O. in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie bezogen dort vom Beigeladenen Grundleistungen gem. § 3 AsylbLG. Seit August 2003 hielten sich beide aufgrund von unregelmäßig erteilten Besuchserlaubnissen jedoch - zuletzt überwiegend - in H. bei dem Vater des Säuglings auf. Für den Zeitraum der Entbindung war der Mutter unter dem 2. Januar 2008 vom Beigeladenen eine bis zum 13. Januar 2008 gültige Besuchserlaubnis erteilt worden. Allerdings hatte es die Mutter versäumt, für diesen Zeitraum ihre zuvor am 30. September 2007 abgelaufene Duldung vom Beigeladenen verlängern zu lassen. Erst ab dem 11. Januar 2008 war sie im Besitz einer vom Beigeladenen ...