Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines Beteiligten für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Fahrtkostenersatz. Mehrkosten. Anreise von einem anderen Ort als dem Ladungsort. fehlende rechtzeitige Anzeige gegenüber dem Gericht. Ermessensentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Die Entschädigung für die Anreise zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung von einem weiter entfernten Ort als dem Ladungsort und/oder die Rückreise zu jenem Ort ist möglich, wenn der Beteiligte den An- und/oder Rückreiseort rechtzeitig dem Gericht anzeigt oder durch besondere Umstände genötigt war, die Anreise von dem anderen Ort aus anzutreten und/oder nach dorthin zurückzufahren und der Kammervorsitzende auch in Kenntnis dieser Umstände das persönliche Erscheinen des Beteiligten nicht aufgehoben oder die mündliche Verhandlung verlegt hätte.
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers aus Anlass der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe am 25. Mai 2016 im Verfahren S x R .../15 wird auf 304,50 € festgesetzt.
Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
In dem beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gewesenen Hauptsacheverfahren S x R .../15 stritten die dortigen Beteiligten um die Versicherungspflicht des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Vorsitzende der x. Kammer des SG lud den Antragsteller mit Terminsbestimmung vom 20.04.2016 zur mündlichen Verhandlung am 25.05.2016, 11:15 Uhr, und ordnete zugleich sein persönliches Erscheinen an. Die Terminsladung erging unter der vom Antragsteller in der Klageschrift angegebenen Anschrift K.Str. ..., ... M.. Zugleich mit der Terminsladung übersandte das SG dem Antragsteller ein “Merkblatt für Beteiligte, deren persönliches Erscheinen angeordnet ist„. Dieses enthält u.a. folgenden Hinweis:
“Falls Sie Ihre Reise zum Termin von einem anderen Ort als Ihrer im Beschluss genannten Anschrift antreten wollen oder andere besondere Umstände ihr Erscheinen erheblich verteuern (z.B. Transport mit Krankenwagen, Taxi, Mietwagen oder Begleitperson), sind Sie verpflichtet, dies unter Angabe des Aktenzeichens des Verfahrens sofort mitzuteilen und weitere Nachricht des Gerichts abzuwarten.„
Zu der mündlichen Verhandlung am 25.05.2016 erschien der Antragsteller. Mit seinem am 08.06.2016 beim SG eingegangenen Antrag vom 25.05.2016 machte er hierfür eine Entschädigung für Fahrtkosten unter Berücksichtigung mit dem eigenen Pkw zurückgelegter 1.060 km für die Strecke vom Anwesen L. Str. ..., ... W., zum Sitz des SG und von dort zurück nach W. geltend, außerdem 640,00 € Verdienstausfall. Die Kostenbeamtin setzte die Entschädigung auf insgesamt 215,00 € fest. Dabei berücksichtigte sie Fahrtkosten für 92 km zu je 0,25 €, gerechnet ab der Wohnung des Antragstellers in M. zum Gerichtsort und von dort zurück, Verdienstausfall für 8 Stunden zu je 21,00 € sowie eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 24,00 € (Schreiben vom 24.06.2016).
Am 14.07.2016 hat der Antragsteller die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt mit der Begründung, er sei selbständig tätig und habe am 23., 24. und 26.05.2016 Termine in W. gehabt. Er habe deshalb am Verhandlungstag von W. anfahren und nach dort wieder zurückfahren müssen. Wegen des Gerichtstermins habe er an diesem Tag seine selbständige Tätigkeit nicht ausüben können.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 26.07.2016) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Vorsitzende der x. Kammer des SG hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, sie hätte auch bei Kenntnis der Anreise des Antragstellers von W. dessen persönliches Erscheinen nicht aufgehoben und den Termin zur mündlichen Verhandlung auch nicht auf einen anderen Tag verlegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozess-, Kosten- und Entschädigungsakten Bezug genommen.
II.
Der nicht fristgebundene Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung (§ 4 Abs. 1 S. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ≪JVEG≫) ist zulässig. Der Antragsteller hat wegen seiner Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S x R .../15 am 25.05.2016 Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 304,50 €.
Der Antragsteller ist nach § 191, erster Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wegen der Anordnung seines persönlichen Erscheinens zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S x R .../15 am 25.05.2016 wie ein Zeuge nach den Bestimmungen des JVEG zu entschädigen. Der Entschädigungsanspruch umfasst dem Grunde nach u.a. Fahrtkostenersatz (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG), Entschädigung für Verdienstausfall (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 22 JVEG) und Entschädigung für Aufwand (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 JVEG).
1. Als Fahrtkostenersatz werden nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG dem Z...