Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. fehlende Glaubhaftmachung. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Hilfebedürftigkeit. Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Grenzen der Aufklärungspflicht von Behörde und Gericht. Vermögensverbrauch. Darlegungs- und Beweislast des Antragstellers
Leitsatz (amtlich)
Hat der Hilfesuchende den Erwerb von Vermögen während des laufenden Leistungsbezuges, der zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit führte, dem Hilfeträger gegenüber verschwiegen, bestehen an die Glaubhaftmachung des Eintritts späterer erneuter Hilfebedürftigkeit erhöhte Anforderungen. Die bloße, durch keine nachprüfbaren Unterlagen belegte Behauptung, das Vermögen vollständig verbraucht zu haben, reicht insoweit nicht aus.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Mit ihrem am 10.12.2015 beim erkennenden Gericht eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Dritten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) ab dem 01.01.2016.
Die 1965 geborene Antragstellerin bezog vom Antragsgegner ab dem 01.10.2009 bis zum 29.02.2012 Hilfe zum Lebensunterhalt und ab dem 01.03.2012 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel SGB XII. Zuletzt hatte der Antragsgegner die Leistungen der Grundsicherung für die Zeitspanne vom 01.01.2015 bis zum 30.06.2015 auf mtl. 571,97 € festgesetzt (Bescheid vom 29.12.2014).
Nachdem der Antragsgegner im Januar 2015 Kenntnis vom Anfall einer Erbschaft auf Seiten der Antragstellerin in Höhe von rd. 67.000 € Kenntnis erlangte, hob er nach weiterer Sachaufklärung die ab dem 01.03.2012 erlassenen Leistungsbescheide mit Wirkung zum 01.03.2012 vollständig auf und stellte die Gewährung weiterer Leistungen über den 31.01.2015 hinaus ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Antragstellerin habe eigenen Angaben zufolge die gesamte Erbschaft in Kenntnis ihrer Bedürftigkeit innerhalb kürzester Zeit vollständig ausgegeben und damit ihre Bedürftigkeit vorsätzlich herbeigeführt (Bescheid vom 21.07.2015).
Wegen Zweifeln an der Bedürftigkeit der Antragstellerin lehnte der Antragsgegner durch weiteren Bescheid vom 21.07.2015 außerdem die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ab. Durch Beschluss vom 28.08.2015 (S 1 SO 2712/15 ER) verpflichtete die Kammer den Antragsgegner im Wege vorläufigen Rechtsschutzes, der Antragstellerin Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 477,88 € für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 31.12.2015 zu gewähren.
Die Widersprüche der Antragstellerin gegen die Bescheide vom 21.07.2015 blieben jeweils erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.11.2015 betr. Leistungen der Grundsicherung und Widerspruchsbescheid vom 25.11.2015 betr. Hilfe zum Lebensunterhalt).
Deswegen hat die Antragstellerin am 10.12.2015 jeweils Klage zum erkennenden Gericht erhoben (S 1 SO 4054/15 und S 1 SO 4055/15).
Mit ihrem ebenfalls am 10.12.2015 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangenen erneuten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt die Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistung von Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 01.01.2016. Sie sei dringend auf diese Leistungen angewiesen. Andernfalls könne sie ab Januar 2016 auch die Miete für ihre Unterkunft nicht mehr bezahlen. Ihr drohe dann die Kündigung der angemieteten Zimmer und damit Obdachlosigkeit. Weiter hat die Antragstellerin beantragt, ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin X, Karlsruhe, als Prozessbevollmächtigte beizuordnen.
Der Antragsgegner ist den Anträgen entgegen getreten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
1. Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b A...