Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung des sachverständigen Zeugen. Negativauskunft. unverwertbarer Bericht. Mindestentschädigung gem § 20 JVEG. Befundschein. Befundbericht

 

Leitsatz (amtlich)

Bezieht sich der Inhalt der schriftlichen Auskunft eines sachverständigen Zeugen ausschließlich auf einen vom Gericht nicht erfragten Zeitraum und kann der sachverständige Zeuge mangels Untersuchung/Behandlung zum erfragten Zeitraum keine Angaben machen, handelt es sich - im Ergebnis - um ein sog Negativattest und um einen unverwertbaren Bericht. Hierfür steht dem Arzt keine Entschädigung nach der Anl 2 Nrn 200ff zu § 10 Abs 1 JVEG, sondern nur die Mindestentschädigung nach § 20 JVEG zu.

 

Orientierungssatz

Ein Befundschein erfordert, dass medizinische Tatbestände und Angaben für ein konkretes Verfahren entsprechend den Beweisfragen des Gerichts aus den Behandlungsunterlagen ausgewählt und fachlich zweckgebunden, etwa in Bezug auf das gesundheitliche Leistungsvermögen oder die Höhe des Grades der Behinderung eines Beteiligten, bewertet werden. Die bloße Auflistung von Behandlungsdaten und Diagnosen, wie sie der Antragsteller im Hauptsacheverfahren vorgelegt hat, genügt dem nicht (vgl LSG Darmstadt vom 13.7.2005 - L 2 SF 6/05 = Breith 2006, 357.

 

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für sein Schreiben vom 12. Februar 2015 im Verfahren S 2 SB xxx/14 wird auf 5,95 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe einer dem Antragsteller zu gewährenden Entschädigung.

Im Hauptsacheverfahren S 2 SB xxx/14 streiten die dortigen Beteiligten um die Höhe des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts. Mit Schreiben vom 09. Februar 2015 übersandte die Vorsitzende der 2. Kammer des Sozialgericht Karlsruhe dem Antragsteller sechs Beweisfragen betreffend u.a. den Zeitraum der Behandlung der Klägerin sowie die Häufigkeit der Untersuchung und Behandlung seit dem 10. Februar 2014. Am 16. Februar 2015 übersandte der Antragsteller ein sechsseitiges Schreiben vom 12. Februar 2015. In diesem listete er die Behandlungsdaten zwischen dem 30. Januar 2006 und dem 20. Dezember 2012 sowie die dabei jeweils von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen der Klägerin auf. Auf Seite 6 führte er unter „Zu den Beweisfragen:“ im zweiten Absatz u.a. aus: „Eine Behandlung nach dem 20.12.2012 erfolgte bisher nicht, insofern kann ich zu den Fragen ab 10.2.2014 keine Aussage machen.“ Hierfür machte der Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von 42,45 € geltend.

Die Kostenbeamtin setzte die Entschädigung des Antragstellers auf 4,95 € fest. Dabei berücksichtigte sie, da sein Schreiben ein Negativattest darstelle, eine Nachteilsentschädigung nur in Höhe der Mindestentschädigung von 3,50 € für eine Zeitstunde sowie Portauslagen des Antragstellers von 1,45 € (Verfügung vom 25.02.2015).

Mit dem am 15. Mai 2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 12. Mai 2015 hat der Antragsteller die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt. Er habe die Fragen nach den Behandlungsdaten umfänglich beantwortet, weshalb sein Schreiben vom 12. Februar 2015 keine Negativauskunft darstelle.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 20. Mai 2015) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozess-, Kosten- und Entschädigungsakten Bezug genommen.

II.

Der nicht fristgebundene Antrag des Antragstellers vom 15. Mai 2015 auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung ist gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) statthaft und zulässig. Er führt jedoch zu keiner höheren Entschädigung als 5,95 €.

Soweit ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG bezeichnet sind, bemisst sich seine Entschädigung nach dieser Anlage. Die Nrn. 200 bis 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG sehen eine Entschädigung eines sachverständigen Zeugen vor für die Ausstellung eines Befundscheines oder die Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung (Nrn. 200 und 201) sowie für ein Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit kurzer gutachtlicher Äußerung (Nrn. 202 und 203). Das Schreiben des Antragstellers vom 12. Februar 2015 im Verfahren S 2 SB 3468/12 stellt jedoch - trotz seines Umfangs von 6 Seiten - weder einen Befundschein noch ein Zeugnis über einen ärztlichen Befund im Sinne der Nrn. 200 ff. Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG dar. Ein Befundschein erfordert, dass medizinische Tatbestände und Angaben für ein konkretes Verfahren entsprechend den Beweisfragen des Gerichts aus den Behandlungsunterlagen ausgewählt und fachlich zweckgebunden, etwa in Bezug auf das gesundheitliche Leistungsvermögen oder die Höhe des Grades der Behinderung eines Beteiligten, bewertet werden. Die bloße Auflistung von Behandlungsdaten u...

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