Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassung der Betriebsprüfung seitens des Arbeitgebers. Uneinbringlichkeit von Zwangsgeld. Zwangshaft. Verhältnismäßigkeit der Mittel. Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Ersatzzwangshaft zur Durchsetzung der Auskunftspflicht gegenüber Rentenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Zwangsgeld ist uneinbringlich, wenn es ordnungsgemäß festgesetzt ist und ein Beitreibungsversuch nicht zum Erfolg geführt hat. Das Gleiche gilt, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen offenkundig ist.

2. Bei der Zwangshaft handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in die durch Art 2 Abs 2 GG gewährleistete Freiheit der Person. Sie darf erst angeordnet werden, wenn alle anderen weniger einschneidenden Möglichkeiten zur Durchsetzung des Begehrens erfolglos geblieben sind und immer noch ein öffentlich-rechtliches Interesse an dessen Erfüllung besteht (vgl LSG Celle-Bremen vom 06.11.2002 - L 8 B 286/02 AL).

3. Die Anordnung einer Ersatzzwangshaft im Rahmen einer Betriebsprüfung erscheint bei einer fortgesetzten Verweigerungshaltung des Arbeitgebers zwingend geboten, um die dem Arbeitgeber auferlegte Auskunftspflicht gegenüber dem Rentenversicherungsträger durchzusetzen.

 

Tenor

1. Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers wird gegen den Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner die Ersatzzwangshaft für die Dauer von sieben Tagen angeordnet.

2. Zur Vollstreckung der Ersatzzwangshaft wird gegen den Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner Haftbefehl erlassen.

3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag die Anordnung der Ersatzzwangshaft und den Erlass eines Haftbefehls.

Mit nicht angefochtenem Bescheid vom 21.08.2012 wurde als Termin zur Durchführung einer Betriebsprüfung gem. § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Firma des Antragsgegners der 12.09.2012 festgelegt. Die Betriebsprüfung sollte den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 umfassen. Dem Antragsgegner wurde aufgegeben, die Durchführung der Betriebsprüfung zu ermöglichen und zu dulden. Für den Fall, dass der Antragsgegner den getroffenen Anordnungen nicht nachkommen sollte, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht. Zudem wurde darauf hingewiesen, bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds sei die Antragstellerin gezwungen, die Ersatzzwangshaft gemäß § 24 LVwVG zu beantragen.

Nachdem der Antragsgegner die Betriebsprüfung am 12.09.2012 nicht zuließ, setzte die Antragstellerin mit Bescheid vom 16.10.2012, dem Antragsgegner zugestellt am 19.10.2012, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR fest und drohte nochmals die Ersatzzwangshaft an. Auch dieser Bescheid wurde bindend ohne dass eine Reaktion des Antragsgegners erfolgte.

Am 22.01.2014 hat der Antragsgegner die Vermögensauskunft sowie die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Mit Schreiben vom 02.04.2014 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner nochmals zur Vorlage der prüfungsrelevanten Betriebsunterlagen bzw. zur Zahlung des Zwangsgeldes bis zum 28.04.2014 auf und drohte dabei erneut die Ersatzzwangshaft an.

Mit Schreiben vom 30.04.2014 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Karlsruhe,

gegen den Antragsgegner Ersatzzwangshaft anzuordnen.

Der Antragsgegner machte von der mit Gerichtsschreiben vom 06.05.2014 eröffneten Möglichkeit zur Stellungnahme binnen vierwöchiger Frist - trotz Erinnerung mit weiterem Schreiben vom 30.06.2014 mit Stellungnahmefrist bis zum 25.07.2014 - keinen Gebrauch.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Dem Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft gegen den Antragsgegner war für die aus dem Tenor ersichtliche Dauer zu entsprechen.

Nach § 66 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 24 Landesvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg (LVwVG) kann das nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständige Sozialgericht auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (hier der Antragstellerin) nach Anhörung des Pflichtigen (hier der Antragsgegner) durch Beschluss Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei der Androhung des Zwangsgeldes auf die Zulässigkeit der Zwangshaft hingewiesen worden ist (dazu 1.) und das Zwangsgeld uneinbringlich ist (dazu 2.).

1.

§ 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verpflichtet die Träger der Rentenversicherung zu Prüfungen bei den Arbeitgebern. Im Rahmen solche Betriebsprüfungen kontrollieren die Rentenversicherungsträger, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten sowie ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. § 28p Abs. 5 Satz 1 SGB IV verpflichtet die Arbeitgeber, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Entsprechend ihrer Mitwirkungspflichten nach § 98 Abs. 1 SGB X hat jeder Arbeitgeber bzw. die beauftragte Abrechnungsstelle sämtliche Unterlagen, die Angaben zu den Beschäftigungen entha...

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